Gisèle Pelicot konfrontiert Ex-Mann im Gerichtssaal

Im öffentlichen Prozess gegen ihren Ex-Mann stellt Gisèle Pelicot ihren Ex-Mann zur Rede.

Gisele Pelicot (C), begleitet von ihren Anwälten Stephane Babonneau (L) und Antoine Camus (2-L), erhält Blumen, als sie am 23. Oktober 2024 das Strafgericht in Avignon, Frankreich, verlässt, wo ihr Ex-Mann vor Gericht steht. Dominique Pelicot ist angeklagt, seine damalige Ehefrau Gisele Pelicot unter Drogen gesetzt und vergewaltigt zu haben. Außerdem wird ihm vorgeworfen, zwischen 2011 und 2020 Dutzende von Männern eingeladen zu haben, sie zu vergewaltigen, während sie in ihrem Haus in Mazan, Frankreich, bewusstlos war. Fünfzig weitere Männer stehen wegen ihrer angeblichen Beteiligung vor Gericht. Dominique Pelicot könnte im Falle einer Verurteilung eine Höchststrafe von 20 Jahren Gefängnis drohen. - keystone

Der Fall Gisèle Pelicot erschütterte Frankreich und die Welt. Die 72-Jährige wurde über Jahre hinweg von ihrem Ehemann betäubt und vergewaltigt.

Nun steht sie ihm wieder vor Gericht gegenüber.

Gisèle Pelicot sagt öffentlich gegen Ex-Mann aus

Pelicot wurde neun Jahre lang Opfer grausamer Verbrechen. Ihr Ex-Mann verabreichte ihr Schlafmittel und vergewaltigte sie gemeinsam mit anderen Männern.

Die Taten kamen erst ans Licht, als Ermittler zufällig Beweise fanden. In einem aufsehenerregenden Prozess in Avignon sagt Pelicot nun öffentlich aus.

Sie wolle damit ein Zeichen setzen und andere Betroffene ermutigen. «Die Scham muss auf die andere Seite wechseln», erklärt sie vor Gericht, wie «Deutschlandfunk Kultur» berichtet.

Konfrontation mit dem Ex-Mann

Im Gerichtssaal spricht Pelicot ihren Ex-Mann direkt an. «Ich verstehe noch immer nicht, wie du mich dermassen verraten konntest, indem du Fremde in unser Schlafzimmer einludst».

So wird die Frau laut der «Berliner Morgenpost» zitiert. Sie soll sichtlich um Fassung geringt haben, als sie fortfährt.

Gisele Pelicot (R), mit ihrem Anwalt Antoine Camus (L), kommt am 23. Oktober 2024 vor dem Strafgericht in Avignon, Frankreich, an, wo ihr Ex-Mann vor Gericht steht. Dominique Pelicot ist angeklagt, seine damalige Ehefrau Gisele Pelicot unter Drogen gesetzt und vergewaltigt zu haben. Außerdem wird ihm vorgeworfen, zwischen 2011 und 2020 Dutzende von Männern eingeladen zu haben, sie zu vergewaltigen, während sie in ihrem Haus in Mazan, Frankreich, bewusstlos war. Fünfzig weitere Männer stehen wegen ihrer angeblichen Beteiligung vor Gericht. Dominique Pelicot könnte im Falle einer Verurteilung eine Höchststrafe von 20 Jahren Gefängnis drohen. - keystone

«Du wusstest, dass ich eine Aversion gegen flotte Dreier habe. Das ist ein unermesslicher Verrat!», sagte Pelicot.

Die 72-Jährige kann die Taten ihres Ex-Mannes nicht begreifen. Sie betone zudem, dass sie 50 Jahre lang eine «glückliche Frau» gewesen sei.

Historikerin zeigt sich beeindruckt

Pelicot zeigt damit Stärke vor Gericht. Sie möchte mit ihrem Auftritt anderen Frauen Mut machen.

Auch die Historikerin Heike Specht ist von Pelicots Auftritt überzeugt. So nennt sie Pelicot in ihrem Buch «Die Ersten ihre Art: Frauen verändern die Welt» «eine Heldin».

Kampf gegen die Scham

Specht sei beeindruckt von ihrer Haltung und unterstreiche, dass Pelicot mit einem System breche: «Nicht sie muss sich schämen. Sondern die Männer müssen sich schämen».

«Wir haben einfach diese 5000 Jahre Patriarchat auf dem Buckel, wo Frauen geshamet wurden dafür, dass ihnen Schlimmstes angetan wurde».

Pelicot ist eine zerstörte Frau

Die «Berliner Morgenpost» zitiert Pelicot weiterführend:

«Ich bin heute 72 Jahre alt und ich weiss nicht, wie ich mich wieder aufbauen soll. Und ob ich auch nur genug Zeit habe, um zu verstehen, was mir passiert ist, was ich erlitten habe».

«Ich bin eine total zerstörte Frau». Doch trotzdem kämpfe sie weiter.

Solidarität in Frankreich

Pelicots Fall bewegt zudem ganz Frankreich. Tausende Menschen gingen in mehreren Städten auf die Strasse und zeigten ihre Solidarität mit Pelicot und anderen Betroffenen.

Gisèle Pelicot löst in Frankreich eine Welle der Solidarität unter Frauen aus. - keystone

Die 72-Jährige ist mit ihrer Tat gewissermassen zu einer feministischen Ikone geworden. Ihr Mut zudem inspiriert viele.

Pelicot hoffe auch, dass der Prozess die Gesellschaft verändere. Sie kämpfe für alle Frauen, die Ähnliches erlebt haben.