Muss das EDA Schweizer wegen Coronavirus evakuieren?
Eine Bernerin sitzt in Wuhan fest und möchte wegen dem Coronavirus ausreisen. Insgesamt 12 Personen wollen ausreisen. Doch ist der Bund dazu verpflichtet?
Das Wichtigste in Kürze
- Die Schweiz holt bisher ihre Bürger nicht aus Wuhan ab.
- Ein Dutzend Schweizer hoffen auf eine rasche Rückkehr aus China.
- Das EDA greift erst ein, wenn die Betroffenen alles Zumutbare versucht haben.
Zahlreiche Staaten holen ihre Bürger aus dem Epizentrum des Coronavirus Wuhan ab – doch die Schweiz zögert noch. Das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) sagt auf Anfrage, es werde mit Partnerstaaten «Modalitäten einer möglichen Ausreise erörtert».
Auch die Bernerin Fabienne Blaser wartet in Wuhan auf ihre Ausreise. Wie heute Donnerstag bekannt wurde, hoffen 12 Schweizer auf ihre Rückkehr aus China.
Ist das EDA dazu verpflichtet, den Betroffenen zu helfen? Ein weiterer Notfall einer Leserin macht die Situation deutlich.
Coronavirus erinnert an Erdbeben auf den Gili-Inseln
Die Zurückhaltung des EDA weckt Erinnerungen an die Erdbeben im August 2018 in Indonesien. Bettina P., welche sich bei Nau.ch gemeldet hat, sorgte sich damals um ihre Schwester auf den Gili-Inseln.
Innerhalb einer Woche war es zu zwei grossen Erdbeben mit hunderten Todesopfern gekommen. Die Schwester sass mit einer Freundin fest. Die Angst vor einem Tsunami in der Region war gross.
Bettina P. nahm von der Schweiz aus Kontakt mit dem EDA auf. Am Telefon sagte man ihr, dass man nur aktiv würde, falls jemand verletzt wäre und Hilfe benötige. Schlussendlich konnte sie auf eigene Faust ihre Ausreise organisieren, die Versicherung bezahlte den Flug.
«Doch ich fühlte mich im Stich gelassen!» Ein Blick in die rechtlichen Grundlagen zeigt jedoch, dass das EDA helfen kann, aber nicht muss.
Die Rechtslage laut Bundesgesetz
Hilfeleistungen im Ausland sind im «Bundesgesetz über Schweizer Personen und Institutionen im Ausland» geregelt. Der allgemeine Beistand im Ausland nach Artikel 45 gilt «bei Krankheit, Unfall oder für Opfer schwerer Verbrechen». Dort steht aber lediglich, dass der Bund sich in Einzelfällen an Such- und Rettungaktionen beteiligen «kann».
Artikel 48 umfasst Krisensituationen und soll Anwendung finden bei «bewaffneten Konflikten, Terroranschlägen, politischen Unruhen, Verkehrsunfällen und Naturkatastrophen». Der Ausbruch einer Epidemie kann zwar als Krisensituation eingestuft werden, wird aber namentlich nicht erwähnt.
Ausserdem steht hier wieder klar: Der Bund «kann» sich an Rettungsmassnahmen beteiligen – von müssen ist keine Rede. Im gleichen Artikel steht , dass das EDA die Ausreise aus der Krisenregion empfehlen kann.
«Der Entscheid, eine Krisenregion zu verlassen, erfolgt freiwillig, auf eigenes Risiko und auf eigene Kosten der ausreisenden Person.»
Staat soll nicht immer und überall helfen
Wie das EDA zudem auf seiner Webseite schreibt, müssen Betroffene zuerst alles Zumutbare versuchen, um die Notlage selber zu überwinden. Erst danach komme die Hilfeleistung zum Tragen.
Ist das Gesetz zu lasch? SVP-Nationalrat Roland Rino Büchel hat heute die rasche Hilfe für die Schweizer aufgrund des Coronavirus in Wuhan gefordert. Und trotzdem hält er eine Gesetzesänderung nicht für nötig.
«Ich will nicht, dass der Staat immer und überall helfen muss. Es gilt, in Notsituationen pragmatisch zu handeln und alles Mögliche zu tun.» Die Swiss hat aufgrund des Coronavirus ab heute alle Flüge von und nach China gestrichen hat. Somit bleibt den Schweizern in China also nur die organisierte Ausreise.