Nationalrat will kostenlose Einsicht in amtliche Dokumente

Die Einsicht in amtliche Dokumente der Bundesverwaltung soll nach Ansicht des Nationalrats kostenlos sein. Er hat am Montag mit 132 zu 47 Stimmen bei einer Enthaltung einer entsprechenden Gesetzesänderung im Grundsatz zugestimmt.

Der Nationalrat stoppt den neuen Anlauf für die Medienförderung. (Archivbild) - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Im Gesetz über das Öffentlichkeitsprinzip der Verwaltung (BGÖ) soll festgeschrieben werden, dass für den Zugang zu amtlichen Dokumenten in der Regel keine Gebühr erhoben wird.

Nur in begründeten Ausnahmefällen, wenn der Aufwand der Verwaltung in keinem vertretbaren Verhältnis zum öffentlichen Interesse steht, soll eine Gebühr erhoben werden können.

Das entspreche weitgehend der heutigen Praxis, sagte Céline Widmer (SP/ZH) im Namen der Kommission. Der Handlungsbedarf bestehe darin, dass die gesetzliche Grundlage und die Praxis nicht widersprüchlich sein sollten. Zudem habe es in der Vergangenheit stossende Negativbeispiele gegeben. So seien etwa einer Lärmschutzgruppe für die Einsicht in einen neunzigseitigen Bericht 16'500 Franken in Rechnung gestellt worden. Die Rechnung sei nicht dem Aufwand geschuldet gewesen, sondern habe abschreckende Wirkung erzielen sollen.

Der Nationalrat hatte dem Anliegen bereits einmal zugestimmt. Weil der Ständerat in der Folge jedoch nicht auf die Vorlage eintrat, musste der Nationalrat noch einmal darüber befinden.

Das Anliegen passierte den Nationalrat aber nicht ohne Widerstand. Es sei heute so, dass 97 Prozent aller Anfragen kostenlos abgehandelt würden, sagte Andri Silberschmidt (FDP/ZH) im Namen der FDP und der Minderheit. Im Einzelfall sei eine Gebührenerhebung wichtig. Wenn der Aufwand hoch sei, sei es «nichts als fair», dass die Kosten erhoben würden.

Das Öffentlichkeitsprinzip stehe nicht im Gegensatz dazu, dass kleine Gebühren erhoben werden könnten, sagte zudem Marianne Binder-Keller (AG) im Namen der Mitte, die wie die FDP die Vorlage ablehnte. Die wenigen Fälle, um die es jetzt gehe, hätten beispielsweise einen Arbeitsaufwand von achtzig Stunden - es gebe einen Stapel von mehreren hundert Bundesordnern. In solchen Fällen gehe nicht darum, die Einsicht zu beschränken, sondern einfach um die Abgeltung des Aufwands.

Die Befürworterinnen des Gesetzes entgegneten, dass Transparenz nicht an Kostenhürden scheitern dürfe. Es gehe hier nicht um ein Detail, sondern um ein staatspolitisches Grundprinzip, «um die Transparenz der Macht», sagte Irène Kälin (Grüne/AG). Durch die Umkehr des Systems, weg von der Gebührenerhebung, werde das Vertrauen der Bevölkerung in die Institutionen gestärkt, ergänzte Corina Gredig (GLP/ZH).

Zudem sei die Einführung des Öffentlichkeitsgesetzes im Jahr 2006 ein entscheidender Schritt gewesen, hielt Nadine Masshardt (SP/BE) fest. «Mit Gebühren dürfen wir diesen Schritt nicht wieder untergraben.»

Auch der Bundesrat stimmt dem Kern der Vorlage weiterhin zu, Justizministerin Karin Keller-Sutter sagte. Er entspreche der gelebten Praxis.

Der Ständerat hatte der Vorlage in der Sommersession seine Zustimmung verweigert. Die heutige Gesetzgebung ermöglicht aus Sicht der Ständeratsmehrheit eine differenzierte und angemessene Gebührenerhebung. Mit der Erhebung einer Gebühr könne sichergestellt werden, dass nur Gesuche mit berechtigten Anliegen eingereicht würden. Es stelle sich in den meisten Fällen gar kein Problem, ein Paradigmenwechsel sei nicht angezeigt, lautete der Tenor.

Das Geschäft geht zurück an den Ständerat. Lehnt dieser die Vorlage erneut ab, ist sie vom Tisch.

Das Öffentlichkeitsgesetz ist seit 1. Juli 2006 in Kraft und regelt den Zugang zu amtlichen Dokumenten der Verwaltung für alle - auch für Medienvertreter. Seither gilt der Grundsatz, dass beim Bund öffentlich sein soll, was nicht ausdrücklich geheim ist. Zuvor hatte als geheim gegolten, was nicht ausdrücklich zur Veröffentlichung freigegeben worden war.

Das Einsichtsrecht steht allen zu, ohne dass sie ein besonderes Interesse nachweisen müssen. Auch in Zusammenhang mit der Corona-Pandemie wurden sowohl von privaten Personen als auch von Medienschaffenden zahlreiche Dokumente unter anderem des Bundesamts für Gesundheit (BAG) gestützt auf das Öffentlichkeitsgesetz herausverlangt.