Nein zu Ukraine-Milliarden ist für Grüne «beschämend»
Für Natalie Imboden (Grüne) hat das Parlament mit dem «Nein» zum Milliarden-Unterstützungspaket für die Ukraine einen beschämenden Tiefpunkt erreicht.
Das Wichtigste in Kürze
- Der Nationalrat hat ein 5-Milliarden-Unterstützungsprogramm für die Ukraine abgelehnt.
- Natalie Imboden (Grüne) bringt die Argumentationslinie der Bürgerlichen in Rage.
- FDP-Portmann kontert: «Unseriös, uns jetzt als ‹prorussisch› oder ‹herzlos› abzustempeln.»
Der Nationalrat hat ein 5-Milliarden-Unterstützungsprogramm für die Ukraine abgelehnt. Das Geld sollte für humanitäre Hilfe, den Schutz der Zivilbevölkerung, Minenräumung und Friedensförderung eingesetzt werden.
Die Diskussion in der grossen Kammer brachten Grünen-Nationalrätin Natalie Imboden in Rage. Nur wenige Minuten nach dem Beschluss bezeichnet sie diesen als «Tiefpunkt im Parlament.» Und dazu schreibt sie: «Bürgerliche Hassreden, die ich nie für möglich gehalten hätte.»
«Ich stehe zu meiner Aussage, gebe aber zu, dass Hassrede hier nicht das zutreffendste Wort ist», räumt Imboden später gegenüber Nau.ch ein. «Mir ist es einfach bei der Täter-Opfer-Umkehr, die hier betrieben wurde, kalt den Rücken hinunter gelaufen. Gerade angesichts der aktuellen Flut-Katastrophe rund um den gebrochenen Damm in der Region Cherson.»
Umfrage
Soll die Schweiz die Ukraine finanziell stärker unterstützen?
Es werde nicht anerkannt, dass es in diesem Angriffskrieg einen klaren Aggressor gebe und die Schweiz den Opfern in der Ukraine helfen soll. «Deswegen ist es wohl besser, von einer Pervertierung der Diskussion zu sprechen», so Imboden.
«Wir helfen auch, wenn die Russen gewinnen»
Die Bernerin nervt es etwa, wenn im Parlament beschönigend von Krise statt Krieg die Rede ist. Das töne wie russische Propaganda, die von «Spezialoperation» spreche. Oder wenn die Frage gestellt wird, ob die Schweiz das Geld für den Wiederaufbau auch dann auszahle, wenn der Gewinner am Ende Russland lauten sollte.
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Das Schweizerische Parlament - FDP-Nationalrat Hans-Peter Portmann reagiert auf die Frage: Was wäre wenn Russland den Ukraine-Krieg gewinnen sollte?
Der Adressat, FDP-Nationalrat Hans-Peter Portmann, findet die Frage «mutig und gerechtfertigt.» Auf Nachfrage präzisiert der Zürcher: «Natürlich helfen wir auch, wenn die Russen gewinnen! Also, was ist denn das für eine humanitäre Tradition der Linken?»
Solche offenen Fragen bestätige seine Position, dass es noch zu früh sei, um ein solches Hilfspaket zu beschliessen.
«Die Schweiz hilft derzeit in 21 Konflikten. Dass die Ukraine dabei ein Schwerpunkt ist, zeigen die Zahlen. Der Bundesrat muss zeigen, ob das reicht; alles andere wäre unseriös. Unseriös ist auch, jetzt als ‹prorussisch› oder ‹herzlos› abgestempelt zu werden.»
Allgemein mehr Geld für Internationale Zusammenarbeit?
Die Mitte, welche das Unterstützungspaket mehrheitlich abgelehnt hat, erklärt ihre Position in einem Communiqué. Die Gewährung eines umfassenden Finanzpakets sei angesichts des Kriegszustands und der aktuell unübersichtlichen Lage schwierig. Man bevorzuge eine zielgerichtete Erhöhung der Mittel im Rahmen der Humanitären Hilfe und der Entwicklungszusammenarbeit. So etwa über eine Erhöhung des Budgets der Internationalen Zusammenarbeit (IZA).
«Das ist zynisch», entgegnet Grünen-Imboden. «Denn heute hätten sie die Chance gehabt, genau das zu tun. Wir Grünen haben ausdrücklich gesagt, dass die Hilfe für die Ukraine nicht bei der IZA kompensiert werden darf.»
Auch wenn fünf Milliarden Franken viel Geld sei, wäre der Spielraum im Bundeshaushalt der nächsten zehn Jahre vorhanden. Und mit den Vorstössen der Grünen für eine Kriegsgewinnsteuer oder der Beschlagnahmung der Gelder der russischen Zentralbank wären Möglichkeiten einer «Gegenfinanzierung» da gewesen.
Die verschiedenen Kriege sollen keinesfalls gegeneinander ausgespielt werden. Und Imboden stellt auch klar: «Selbstverständlich unterstützen wir die Aufstockung der IZA.»
Internationaler Vergleich als Streitpunkt
«Der Entscheid heute ist beschämend», so Imbodens Fazit. «Wir können es uns also schlicht nicht leisten, nicht noch mehr zu tun. Ich hoffe daher, dass der Bundesrat pünktlich zur Wiederaufbau-Konferenz weitere Gelder sprechen wird. Denn die Schweiz steht bezüglich Hilfe an die Ukraine international schlecht da.
Ein Vergleich, der FDP-Portmann so nicht gelten lässt: «Andere Länder rechnen Waffenlieferungen bei der Ukraine-Hilfe hinzu. Dabei handelt es sich, insbesondere bei den USA, um Kompensations-Geschäfte.»