Erneut gewaltsame Auseinandersetzungen in Hongkong bei Protesten gegen pro-chinesische Regierung
An einem weiteren Protestwochenende hat es in Hongkong erneut Zusammenstösse zwischen Demonstranten und der Polizei gegeben.
Das Wichtigste in Kürze
- Polizei setzt Tränengas und Gummigeschosse gegen Demonstranten ein.
Die Polizei setzte am Sonntag Tränengas und Gummigeschosse gegen Demonstranten ein. Ein Ende der Proteste gegen die Regierung der Sonderverwaltungszone ist auch nach dem siebten Wochenende in Folge nicht in Sicht.
Die Demonstrationen, an denen sich zehntausende Menschen beteiligten, verliefen zunächst weitgehend friedlich. Sie richteten sich gegen die Regierungschefin Carrie Lam und ein auf Eis gelegtes Auslieferungsgesetz, das erstmals Überstellungen an Festland-China ermöglicht hätte. Die Demonstranten fordern unter anderem demokratische Reformen, ein allgemeines Stimmrecht und Lams Rücktritt.
«Wir sind hier, um zu verkünden, dass Peking unsere Regierungswerte und rechtlichen Prozesse missachtet», sagte ein 19-Jähriger Demonstrant der Nachrichtenagentur AFP.
Als maskierte Demonstranten das Gebäude der chinesischen Vertretung mit Eiern bewarfen, schritten die Sicherheitskräfte zunächst nicht ein. Später stürmte die Polizei den Platz vor dem Gebäude und drängte die Demonstranten zurück. Dann eskalierte die Lage.
Einsatzkräfte mit Schutzmasken und Schilden gingen unter Einsatz von Tränengas und Gummigeschossen gegen die Demonstranten vor, wie ein Reporter der Nachrichtenagentur AFP berichtete. Demonstranten und Menschenrechtsgruppen hatten den Einsatzkräften in der Vergangenheit einen unverhältnismässigen Einsatz von Gewalt vorgeworfen. Vergangenen Sonntag waren bei Zusammenstössen 28 Menschen verletzt worden.
Zudem wurde bekannt, dass am späten Sonntagabend (Ortszeit) eine Gruppe maskierter Männer Regierungsgegner in einem Bahnhof der Stadt attackiert hatte. Eine Live-Aufnahme aus dem Onlinenetzwerk Facebook, die von dem Sender Stand News weiterverbreitet wurde, zeigt wie die Männer - viele von ihnen weiss gekleidet und mit Stöcken bewaffnet - in dem Bahnhof Yuen Long im Nordwesten der Stadt und in Zügen Demonstranten angreifen. In den New Territories im Grenzland zu China sind kriminelle Banden verbreitet.
Die meisten der Kundgebungen verliefen bislang weitgehend friedlich, auch wenn es am Rande der Proteste immer wieder zu Zusammenstössen mit der Polizei kam. Die Regierungen in Hongkong und Peking bezeichnen die Demonstranten als «Randalierer». Die Regierung Hongkongs verurteilte die Proteste und diejenigen, die in ihrem Namen Menschen angegriffen hätten als «absolut inakzeptabel».
Am Samstag waren zuvor mehr als 100.000 Menschen aus Solidarität mit der umstrittenen Regierung und der Polizei auf die Strasse gegangen. In China sowie in pro-chinesischen Zeitungen in Hongkong wurde ausgiebig darüber berichtet.
Regierungschefin Lam weigert sich bislang, den Forderungen der Demonstranten nachzukommen. Auch aus Peking kamen keinerlei Anzeichen für ein Einlenken. Eine politische Lösung scheint nicht in Sicht. Die pekingtreue Regierung geniesst weiterhin besonders bei älteren Einwohnern der Finanzmetropole breite Unterstützung.
China hatte London bei der Übergabe Hongkongs im Jahr 1997 zugesichert, dass in der ehemals britischen Kolonie Grundrechte wie Meinungs- und Pressefreiheit für mindestens 50 Jahre gewahrt blieben. Hongkongs wiedererstarkte Oppositionsbewegung wirft der Regierung vor, die als «Ein Land, zwei Systeme» bekannte Regelung zunehmend zu unterlaufen.