Knapp 200 Raketenangriffe auf Israel nach Tod von palästinensischem Islamisten

Die Tötung eines Anführers der militanten Palästinenserorganisation Islamischer Dschihad durch die israelische Armee hat zu einer neuen Eskalation zwischen Israel und den radikalislamischen Kräften im Gazastreifen geführt.

Der Angriff auf das Haus von Baha Abu Al-Ata im Gazastreifen. (Archiv) - AFP

Das Wichtigste in Kürze

  • Acht weitere Palästinenser im Gazastreifen bei israelischen Angriffen getötet.

Ein Armeesprecher sagte am Dienstag, es gebe «erheblichen» Raketenbeschuss auf Israel aus dem Gazastreifen. Israel reagierte darauf mit Gegenangriffen. Dabei wurden nach Angaben des Gesundheitsministeriums im Gazastreifen bislang acht Menschen getötet und Dutzende verletzt.

Wenige Stunden vor dem Raketenbeschuss hatte die israelische Armee einen Angriff auf das Haus eines Anführers des Islamischen Dschihad im Gazastreifen bekannt gegeben. Nach Angaben der Palästinensermiliz wurden dabei der Anführer Baha Abu Al-Ata sowie dessen Ehefrau getötet. Die Miliz erklärte daraufhin, sie sei in «maximaler Alarmbereitschaft» und kündigte Raketenangriffe auf Jerusalem, Tel Aviv und weitere israelische Städte an. Auch die im Gazastreifen regierende radikalislamische Hamas drohte mit Vergeltung.

Israel warf Ata vor, hinter mehreren Raketenangriffen und Anschlägen auf das Land zu stecken. Er sei «verantwortlich für viele Anschläge aus dem Gazastreifen» und habe «beabsichtigt, weitere Anschläge auszuführen», erklärte Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu. Der Angriff auf das Haus Atas sei von seinem Sicherheitskabinett genehmigt und unter Beteiligung des israelischen Inlandsgeheimdienstes Shin Bet ausgeführt worden.

Aus dem Gazastreifen gab es daraufhin eine Reihe von Raketenangriffen auf Israel. Der israelischen Armee zufolge wurden rund 190 Raketen auf Israel abgefeuert, Dutzende seien vom Luftverteidigungssystem abgefangen worden. Im Süden Israels schlugen mehrere Geschosse ein: Mindestens ein Wohnhaus wurde getroffen, ausserdem schlug eine Rakete auf einer Fernstrasse ein und verpasste dabei nur knapp darauf fahrende Autos. Rettungskräfte behandelten 46 Menschen, viele davon wegen «Stresssymptomen». Armeesprecher Jonathan Conricus sagte, die Armee stelle sich auf mehrtägige Auseinandersetzungen ein.

In Tel Aviv und zahlreichen weiteren Städten wurde Raketenalarm ausgelöst. Schulen und Universitäten blieben geschlossen. Die Armee ordnete an, dass «verzichtbare» Angestellte in mehreren Teilen des Landes zu Hause bleiben sollten.

Israel griff seinerseits eine Reihe von Zielen im Gazastreifen an. Nach dem Anführer Ata und seiner Frau wurden dabei nach palästinensischen Angaben acht weitere Palästinenser getötet und mehr als 40 verletzt.

Syrische Staatsmedien berichteten derweil, bei einem israelischen Luftangriff in Damaskus seien der Sohn des hochrangigen Islamischer-Dschihad-Vertreters Akram Adschuri und ein weiterer Mensch getötet worden. Die israelische Armee wollte diesen Bericht nicht kommentieren.

Der Islamische Dschihad ist die zweitmächtigste Miliz im Gazastreifen nach der Hamas, die den Gazastreifen seit 2007 kontrolliert. Beide Gruppen sind miteinander verbündet. Seit 2008 gab es bereits drei kriegerische Konflikte zwischen der Hamas und Israel.

Die Bundesregierung zeigte sich besorgt über die Lage im Süden Israels sowie im Gazastreifen und verurteilte den Raketenbeschuss. «Es gibt keine Rechtfertigung für Gewalt gegen unschuldige Zivilisten», erklärte ein Sprecher des Auswärtigen Amts in Berlin. Die EU rief beide Seiten zu einer «prompten und vollständigen Deeskalation» auf. Der Raketenbeschuss müsse «sofort» aufhören, erklärte eine Sprecherin der EU-Aussenbeauftragten Federica Mogherini.

Die neue Eskalation erfolgt inmitten innenpolitischer Spannungen in Israel. Nachdem Ministerpräsident Netanjahu nach der Parlamentswahl Mitte September mit einer Regierungsbildung gescheitert war, beauftragte Präsident Reuven Rivlin Ende Oktober Netanjahus Rivalen Benny Gantz mit der Regierungsbildung.