Nestlé im Ausland am Pranger wegen Babynahrung
Der Schweizer Lebensmittelmulti Nestlé steht durch eine neue Studie erneut in der Kritik wegen Babynahrung. Nestlé stellt die Erhebung in Frage.
Das Wichtigste in Kürze
- Eine neue Studie kritisiert Nestlé. Durch die Promotion von Babynahrung würden tausende Babys sterben.
- Der Konzern kritisiert die Studie und stellt deren Richtigkeit in Frage.
Über 40 Jahre ist es her, dass Nestlé als «Baby-Mörder» an den Pranger gestellt wurde. Grund: Durch die Vermarktung von Säuglingsersatznahrung wurde das Stillen verdrängt. Kritiker des Lebensmittelkonzerns klagten an, dass dadurch Millionen Menschen in Entwicklungsländer sterben. Etwa, weil arme Mütter das Milchpulver zu sehr streckten. Oder wegen mangelnder Hygiene.
1984, elf Jahre nach ersten Boykott-Rufen, trat Nestlé einem Marketingkodex für Babymilch der Weltgesundheitsorganisation WHO bei. Dabei verpflichtet sich der Konzern, Säuglingsnahrung nicht mehr als bessere oder gesündere Alternative zum Stillen zu vermarkten. Doch jetzt wirft die Organisation Action Contre la Faim dem Lebensmittel-Multi vor, sich nicht an den Kodex zu halten.
«Aggressives Marketing»
Dadurch würden immer noch 800'000 Kinderleben gefährdet, heisst es. Die Organisation fordert Nestlé darum auf, ihr «aggressives Marketing» zu beenden. Die Zahl stammt nicht vom Hilfswerk, sondern von einer Studie. Allerdings wurden bei der Berechnung nicht nur Entwicklungsländer berücksichtigt. Und selbst wenn niemand mehr Werbung für Babynahrung macht, dürften die Produkte weiter gekauft werden.
Ökonomen und Gesundheitsforscher wollten es genauer wissen. In der jüngst veröffentlichten Studie «Mortality from Nestlé’s Marketing of Infant Formula» entlastet Nestlé teilweise. Die Studie kommt 1981, als die erste Nestlé-Kampagne ihren Höhepunkt erreichte, auf 65'000 zusätzliche Säuglings-Todesfälle in Entwicklungsländern. Die Unsicherheitsmarge liegt zwischen 25'000 und 106'000.
Nestlé stellte Studie in Frage
Das ist weniger als die damals geschätzten bis zu zehn Millionen. Und auch weniger als Action Contre la Faim schätzt. Trotzdem bleibt der Vorwurf auch mit der neusten Erhebung bestehen.
Wenig überraschend, passt das Resultat Nestlé nicht. Gegenüber dem deutschen «Handelsblatt» erklärt eine Sprecherin, man habe den Autoren in einem Brief verschiedene Bedenken hinsichtlich der Annahmen, der Methodik, der Analyse und der Schlussfolgerung geäussert. Der Konzern stellt die Erhebung grundsätzlich in Frage. Details liefert die Sprecherin dem Wirtschaftsblatt keine. Nur so viel: «Wir glauben, Muttermilch ist die ideale Ernährung für Babys.»