Wembley als «Brandbeschleuniger»? EM mit Corona-Sorgen
Fans aus Deutschland sollen nicht zum Klassiker gegen England reisen. Experten warnen vor der Delta-Variante. Schon am Samstag werden Zehntausende Fans im Wembley-Stadion sein.
Das Wichtigste in Kürze
- Begleitet von Corona-Sorgen und der eindringlichen Warnung vor der Delta-Variante startet die Fussball-EM in die K.o.-Runde.
Für Fans aus Deutschland wird das Wembley-Stadion beim Klassiker der Nationalmannschaft am Dienstag gegen England zur Sperrzone, was die britische Leichtigkeit bei der Zulassung Zehntausender Fans aber nicht beeinflusst. Sind beim ersten Londoner Achtelfinale zwischen Italien und Österreich am Samstag noch 21.500 Fans zugelassen, die weitgehend aus Grossbritannien kommen werden, dürfen es dann drei Tage später schon 45.000 Zuschauer sein.
Wieler warnt: «Keine gute Idee»
«Aus infektionsmedizinischer Sicht ist das keine gute Idee», sagte Lothar Wieler, der Präsident des Robert Koch-Instituts, im Interview der «Rheinischen Post». Im ZDF bei «Maybrit Illner» bezeichnete SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach die Spiele insgesamt als «Brandbeschleuniger» für die wohl ansteckendere Delta-Variante. Es sei weder «epidemiologisch noch symbolisch» eine kluge Entscheidung, in Grossbritannien vor so vielen Zuschauern zu spielen.
Auch gegen Deutschland dürfen 45.000 Menschen in den Londoner Fussball-Tempel, zur Finalrunde mit Halbfinals und Endspiel ab dem 6. Juli soll auf 60.000 Zuschauer aufgestockt werden. «Ich hätte es richtig gefunden, wenn man gesagt hätte, dass an dem Ort, wo die gefährlichste Variante mit der höchsten Inzidenz in ganz Europa derzeit vorherrscht, dass man dort nicht ein Fussballspiel vor 60.000 Zuschauern durchführt», sagte Lauterbach. Die Impfquote im Königreich ist mit mehr als 80 Prozent Erst- und rund 60 Prozent vollständig geimpften Erwachsenen allerdings hoch.
Der Deutsche Fussball-Bund betonte in einer Email an die Fans, dass nur Personen mit Wohnsitz in der sogenannten «Common Travel Area» (Grossbritannien, Irland, Isle of Man, Guernsey und Jersey) berechtigt sind, Tickets zu bestellen. Wer aus Deutschland nach Grossbritannien einreist, muss sich zwingend in Quarantäne begeben. «Bei Zuwiderhandlungen gegen die Einreisebestimmungen drohen hohe Geld- oder sogar Gefängnisstrafen», warnte der DFB.
Delta-Variante als grosse Unbekannte
Die Delta-Variante, wegen der das RKI auch hierzulande von einem Wiederanstieg der Inzidenzen ausgeht, bleibt die grosse Unbekannte in den noch ausstehenden zwei Wochen der EM-Endrunde, die aber bislang vom grossen Corona-Schock verschont geblieben war.
Allerdings wurden nach dem Spiel zwischen Dänemark und Russland am Montag in Kopenhagen bislang 16 Menschen positiv getestet. Darunter sei viermal die Delta-Variante nachgewiesen worden, teilte die dänische Behörde für Patientensicherheit am Freitag über Twitter mit. Alle Zuschauer auf der Tribüne B - eine Tribüne hinter einem der beiden Tore - wurden zum PCR-Test aufgefordert. Zugleich stieg die Zahl der Delta-Befunde nach dem vorherigen Dänemark-Spiel gegen Belgien: Mittlerweile sei die Variante bei neun Zuschauern entdeckt worden, schrieb die Behörde.
86 Finnen infiziert - Kein «Ausschlag» in München
Nach dem Spiel von Finnland gegen Belgien am Montag in St. Petersburg sind finnischen Medien zufolge bislang 86 Infektionen bei Rückkehrern aus Russland festgestellt worden. Weitere Testergebnisse stünden noch aus, berichteten unter anderem der Rundfunksender Yle und die Zeitung «Hufvudstadsbladet». Rund 800 Menschen seien zudem ohne Test eingereist, weil die Testkapazitäten an der Grenze nicht ausgereicht hätten.
Bei den drei EM-Spielen in München, bei denen jeweils 14 500 in Stadion gedurft hätten, waren dem Gesundheitsreferat insgesamt zwölf positive Schnelltests gemeldet worden. Bei «mehreren Tausend Testungen» seien sechs Personen positiv gewesen, die ins Stadion gehen wollten. Sechs weitere positiv getestete Fans waren aus anderen Gründen wegen der EM in der Stadt, etwa zum Public Viewing.
Weil am Mittwoch viele ungarische Fans zur Partie gegen Deutschland nach München gekommen waren, hatte es Befürchtungen gegeben, die Zahl der positiven Tests könnte ansteigen. «Nein, ein solcher Ausschlag hat nicht stattgefunden», teilte der Sprecher mit. In Ungarn, wo in Budapest vor vollen Rängen gespielt wird, war nach dem Spiel der Franzosen gegen Ungarn der Fall einer positiv getesteten französischen Familie bekannt geworden.