Roger Federer muss sich in Wimbledon an die Regeln halten

«Keep your voice down! Sprich nicht so laut!» ruft ihm jemand zu, als Roger Federer dabei ist der Kamera die Wimbledon-Plätze vorzustellen. Mit geschulterter Tennis-Tasche geht er über das Gelände. Dabei kommt er an Platz 18 vorbei – dem Platz, wo sich Nicolas Mahut und John Isner 2010 den längsten Tennismatch der Geschichte lieferten: über 11 Stunden spielten die beiden.

Jedenfalls möchte Federer an dem legendären Platz vorbei gehen und erzählt dabei die Geschichte. «Ob sie wohl noch immer am spielen sind?», fragt er. Nein, doch jemand anderes ist auf besagtem Platz und hat keine Freude an der Führung des Rekordsiegers und fordert ihn auf leise zu sein. «Ich werde versuchen ruhig zu sein», antwortet Federer mit einem Lachen und zieht von dannen.

Obwohl der Zuruf wohl ironisch gemeint war: Etikette spielt im «All England Club» in Wimbledon eine wichtige Rolle. Nirgends sonst auf der Tour lässt sich die elitäre Vergangenheit des Tennissports so gut bestaunen. Die Spieler dürfen etwa nur in Weiss antreten. «Spieler, die in einem Outfit antreten, welches dem Komitee unpassend erscheint, werden vom Platz gewiesen», besagt das Reglement.

Suzanne Lenglen, 25-fache Grand-Slam-Gewinnerin, sorgte in den 1920ern für Diskussionen, weil ihr Dekolleté zu tief war. Und die Männer spielten in Hosen, langärmligem Hemd und Mütze. Auch Federer wurde 2013 ermahnt, als er mit Schuhen mit knalloranger Sohle auf den «heiligen Rasen» trat.

Ausrüster müssen die Kleidung ihrer Spieler bereits drei Monate im Voraus anmelden und von den Organisatoren genehmigen lassen. Aber auch die Gäste müssen sich an Regeln halten. Zuschauer mit kaputten Jeans und Baggy-Shorts fliegen raus. Und Herren, die das Finale live sehen wollen, kommen nicht um Jackett und Hemd herum. Die Königsfamilie hat eine eigene Loge.

Eröffnet wird das Turnier (Erstdurchführung 1877) traditionell vom Vorjahressieger – 2018 ist dies wieder einmal Roger Federer. Am ersten Sonntag wird jedoch nicht gespielt. Gewinnt Federer den Pokal in Wimbledon zum neunten Mal, erhält er diesen wie immer vom Präsidenten des «All England Lawn Tennis and Croquet Clubs» überreicht: Prinz Edward II., dem Herzog von Kent und Cousin der Queen.

In diesem Jahr gab es einige Gerüchte um Federers Outfit: Er wechsle vom langjährigen Ausrüster Nike zum japanischen Uniqlo, hiess es vor drei Wochen. Schon in Wimbledon soll Federer die neue Ausrüstung tragen. Federer hatte keine Stellung nehmen wollen. Die neusten Bilder aus Wimbledon zeigen nun jedoch: Das Gerücht war heisse Luft, Federer trägt Nike von Kopf bis Fuss – natürlich in Weiss.