Das Daten-Wirrwarr rund um das Coronavirus ging mit der BAG-Panne in eine nächste Runde. Nun schaltet sich Genf ein. Und widerspricht der Korrektur des BAG.
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Junge Frauen und Männer tanzen in einer Disco in Genf. (Archivbild) - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Das Bundesamt für Gesundheit hat zunächst falsche Zahlen zu Ansteckungsorten kommuniziert.
  • Das Ansteckungsrisiko in Clubs sei deutlich kleiner als zuvor angegeben.
  • Nun widerspricht der Hotspot-Kanton Genf: 40% der Infektionen geschehen im Nachtleben.
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Das Chaos ist perfekt. Am Freitag verkündet das BAG in einer neuen Analyse: Die meisten Ansteckungen mit dem Coronavirus gehen auf Clubbesuche zurück. Am Sonntag dann die Korrektur: Die Daten wurden vertauscht. Hauptansteckungsort ist das familiäre Umfeld, nicht die Clubs.

BAG Coronavirus
Die korrekte BAG-Tabelle mit den korrigierten Zahlen zu Ansteckungsorten mit dem Coronavirus: 27 Prozent der Infektionen finden in der Familie statt. Nur ein einstelliger Prozentsatz auf das - BAG

Politiker sind entrüstet über die Falschmeldung, Clubbetreiber fühlen sich «an den Pranger gestellt». Insbesondere, da Genf am Freitag aufgrund der Analyse die Clubs geschlossen habe, ist sich die Schweizer Bar & Clubkommission sicher.

Nun schaltet sich Genf ein. Notabene der Kanton, der seit Wochen die höchsten Infektionszahlen landesweit meldet.

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Die Grafik zeigt die täglichen Neuinfektionen mit dem Coronavirus im Kanton Genf der letzten zwei Wochen. - Nau.ch

Das Amt für Sicherheit, Beschäftigung und Gesundheit des Kantons Genf widerspricht: Der Staatsrat habe den Club-Entscheid nicht aufgrund der BAG-Analyse gefällt. Sprecherin Florence Forget: «Das BAG erhält die Berichte der Ärzte mit erheblicher Verzögerung.»

Besonders aufgrund der übermässigen Arbeitsbelastung der Ärzte. Die qualitativen Daten würden daher keine Echtzeit-Sicht auf die lokale epidemiologische Situation zulassen. Somit ist eine solche Analyse der Ansteckungsorte mit dem Coronavirus keine Grundlage für einen solchen Entscheid.

Im Gegenteil: Das BAG scheint den Kanton Genf bei der Beurteilung der Hauptansteckungsorte schon fast vergessen zu haben.

40 Prozent der Genfer Fälle mit dem Coronavirus gehen auf Nachtleben zurück

Wie Forget erklärt, sei Genf seit zwei Wochen mit sogenannten Clustern, also Häufungen von Corona-Infektionen, konfrontiert. Mehr als zwanzig Cluster gehen auf Bars oder Clubs zurück, in welchen zwischen 2 und 20 Infektionen lokalisiert wurden.

Mit anderen Worten: «Etwa 40 Prozent der positiven Fälle gehen auf das Nachtleben zurück.» Einn deutlicher Unterschied zu den 1,6 (Bars und Restaurants) respektive 1,9 Prozent (Disco und Clubs), die das BAG ausrechnete.

Dieses ging in seiner Bewertung auf den Zeitraum vom 16. Juli bis 1. August ein. Warum die Genfer Fallzahlen die Prozentzahl nicht in die Höhe zog, lässt sich wohl nur durch die verspäteten Meldungen erklären.

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Die Bevölkerung wurde am 1. August am Ufer des Genfersees zum Maskentragen animiert. - Keystone

Fakt ist: Der Kanton Genf spielt in der schweizweiten Bewertung des Coronavirus eine zentrale Rolle. Florence Forget zeigt sich indes besorgt: «Die Zahl der wöchentlichen Neuinfektionen hat sich in 3 Wochen hintereinander mehr als verdoppelt.»

Auch steige die Positivitätsrate: Anfangs Juli war diese bei zwei Prozent, letzte Woche bei 12 Prozent. Zum Vergleich: In der Schweiz lag diese in der letzten Woche bei 3,5 Prozent.

Umso wichtiger erscheint der Einbezug des Kantons Genf in den zukünftigen Analysen des BAG.

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