Coronavirus: Wie gefährlich sind überdachte Beizen-Terrassen?
In einem Punkt sind sich Virologen einig: Die offenen Beizen-Terrassen sind punkto Coronavirus kaum gefährlich. Anders sieht dies bei Zelten und Co. aus.
Das Wichtigste in Kürze
- Seit Montag dürfen Schweizer Beizen Gäste wieder auf Terrassen bedienen.
- Einige haben zusätzlich Zelte oder sogar Iglus aufgestellt.
- Der Aerosol-Experte Michael Riediker warnt vor der möglichen Corona-Übertragung.
Endlich wieder Kaffee in der Tasse! Nach monatelangen Take-Away-Bechern dürfen Beizen seit Montag wieder Gäste auf ihren Terrassen mit Pizza und Cappuccino versorgen.
Zwar steigen die Fallzahlen des Coronavirus seit geraumer Zeit an. Darum empfanden viele Virologen und Infektiologen die beschlossenen Lockerungen als Schuss ins eigene Knie. Dennoch beurteilen die Wissenschaftler die offenen Aussenterrassen als kaum gefährlich.
Anders sieht dies bei überdachten Gastro-Varianten aus.
Geschlossene Zelte sind wegen Coronavirus tabu – Beizer im Graubereich
Um die Gäste auch bei Wind und Kälte bewirten zu können, haben einige Beizer Zelte aufgestellt.
Dies ist gemäss Covid-Verordnung des Bundes erlaubt, solange mindestens eine Hälfte der Zeltseite offen ist.
Vielerorts sind die Zelte zur Seite geöffnet. Anders sieht dies bei einem Beispiel aus Luzern aus. Auf dem Franziskanerplatz stehen seit Wochen auffällige Kunststoff-Iglus vor dem Hotel und Restaurant Schlüssel.
Diese Lösung habe sich bereits gegen Ende des letzten Jahres bewährt, heisst es beim Restaurant auf Anfrage. «Die Iglus sind dank drei Öffnungen absolut Corona-konform», rechtfertigt Marija Bucher, Inhaberin des Lokals. Doch Ende Woche würden die Iglus im Hinblick auf höhere Temperaturen sowieso entfernt.
Ob sich das Restaurant damit auch wirklich an die Vorgaben zum Schutz vor dem Coronavirus hält, ist unklar. Eine Anfrage bei der zuständigen Gewerbepolizei blieb bislang unbeantwortet.
Im Graubereich bewegt sich die Fast-Food-Kette McDonalds. Diese hat vor ihrer Filiale in Sissach BL geschlossene Zelte installiert, ein Foto davon sorgt auf Twitter für Diskussionen.
Wie McDonalds gegenüber «20Minuten» erklärt, handle es sich um ein älteres Foto. Im Zuge der Terrassen-Öffnung würden die Zeltwände mindestens zu 50 Prozent zurückgezogen. Die Behörden wollen den Fall nun überprüfen.
Es stellt sich die Frage: Wie sinnvoll sind solche überdachten Gastro-Varianten?
Wer die Zelt-Wände nur halb hochzieht, hat in Physik schlecht aufgepasst
Grundsätzlich gilt in der Aerosol-Forschung: Wer sich mit anderen Personen an einen Tisch setzt und die Maske abnimmt, riskiert immer eine Ansteckung mit dem Coronavirus. Denn eine der Personen könnte hoch ansteckend sein. «Dies gilt auch im Freien», präzisiert Aerosol-Forscher Michael Riediker.
«Sobald eine Bedachung dazu kommt, stellt sich die Frage, ob diese Bedachung die Aerosole zurückhält, sodass sich diese anreichern können.» Das erhöhe sowohl das Risiko am eigenen Tisch, als auch das an anderen Tischen unter dem gleichen Dach.
Die Wände einfach zur Hälfte hochzuziehen, wie es gemäss Verordnung erlaubt wäre, macht keinen Sinn. Im Gegenteil: Warme Luft steigt ja bekanntlich nach oben, wie uns der Physik-Unterricht gelehrt hat. «Wir haben in einem solchen Fall im Bereich der Köpfe einen geschlossenen Raum. Ähnlich wie in einem Heissluftballon, der gegen unten offen ist, kann auch hier die Luft mit Aerosolen nicht gut entweichen.»
Die Folge: Die Aerosole können sich rasch anreichern. Bleiben die Seiten der Zelte ganz offen, «könnte es aber hinhauen». Riediker vergleicht die Situation mit einem Kettenraucher: Sitzt dieser am qualmend am Tisch daneben, was bei einer empfindlichen Person Beschwerden bewirkt, «ist die Situation wahrscheinlich ungünstig».
Die Iglus, quasi kleine Séparees, empfindet der Experte hingegen als «sehr gute Idee, solange die Personen zu einer Solidargemeinschaft gehören». Also zur selben Familie oder Profisportler des gleichen Teams. Damit seien andere Gäste des Restaurants recht sicher vor einer mit dem Coronavirus angesteckten Person.