Experte sieht Schweiz bei IS-Rückkehrern in der Pflicht
Wenn IS-Anhänger und ihre Frauen zurück in die Schweiz kommen, landen sie im Strafvollzug. Laut Extremismus-Experte sei die Wiedereingliederung dennoch wichtig.
Das Wichtigste in Kürze
- Mit der momentanen Syrien-Situation könnten IS-Anhänger zurück in die Schweiz kommen.
- Kontrovers wird diskutiert, was mit jenen hierzulande geschehen soll.
- «Die Schweiz muss Verantwortung übernehmen», meint Extremismus-Experte Samuel Althof.
Die prekäre Situation in Nordsyrien zwingt IS-Angehörige zum Fliehen. Im Frühling hat der Bundesrat die Ziele und Strategie im Umgang mit dschihadistisch motivierten Reisenden festgelegt. Für erwachsene Personen, die die Schweizer Staatsangehörigkeit besitzen, trifft die Schweiz aktiv keine Massnahmen, die zu einer Rückkehr führen.
Bei einer selbstständigen Rückkehr in die Schweiz wartet für Anhänger der Terrormiliz ein Strafverfahren, wie Nau bereits berichtete. Doch haben sie hier eine Zukunft? Ganz hoffnungslos scheint die Lage nicht.
Islamkenner sieht Staat in der Pflicht
Über die Gefängnisstrafe hinaus werden allerdings auch Ersatzmassnahmen erwogen. Mit verschiedenen Programmen versucht die Justiz, betroffene zu deradikalisieren. «Beispielsweise durch argumentative Verunsicherung», sagt Extremismus-Experte Samuel Althof, der wenig von dieser Methode hält.
Er sieht die Verantwortung beim Staat und jedem einzelnen: «Wir können diese IS-Rückkehrer nicht einfach auf den Mond schiessen und haben als Gesellschaft eine Verantwortung gegenüber jenen, welche auf den falschen Pfad gekommen sind.»
Der Islamkenner leistet seit 30 Jahren Präventionsarbeit im Themenfeld Rechtsextremismus. Er leitet die Fachstelle «fexx.ch» und bietet psychologische Beratungen an.
Täglich hat er mit Menschen zu tun, welche er durch reines Fingerspitzengefühl in die Realität zurückholen will. Auch wenn es schwierig sei, dies könne auch bei ehemaligen Anhängern der Terrormiliz gelingen: «Wir müssen so viel Zivilcourage und Liebe haben, dass sich die Person wieder fassen kann.» Durch lange Sitzungen und das Verständnis für das Gegenüber sei dies auch bei überzeugten Extremisten möglich.
Patient in Syrien erschossen
Mit seiner Methode hat Althof schon positive und negative Erfahrungen gemacht. Viele konnte er von der Reise nach Syrien abhalten, bei Valdet Gashi ist ihm dies nicht gelungen. Gashi war ein deutscher Thai-Boxer, welcher sich der Terrormiliz anschloss und in Syrien getötet wurde. Der Fall löste ein grosses mediales Echo aus.
«Ich habe für Valdet eine Videokonferenz mit seiner Familie organisiert. Ich dachte, im Gespräch mit seinen zwei Töchtern würde er wieder an Realität gewinnen. Am Tag davor wurde er erschossen.»
Da ehemalige IS-Anhänger nach der Einreise in die Schweiz in den Strafvollzug kommen, bestehe kein Risiko für die Schweizer Bevölkerung, ist Althof überzeugt.
«Im Gefängnis kann man zudem in einem guten Rahmen mit den Betroffenen arbeiten, sie sind geschützt und überwacht.» Dort versuche man ihnen einen objektiven Blick auf ihre Ideologie zu vermitteln.