Frau wegen Verstümmelung der Genitalien ihrer Töchter verurteilt
Das Wichtigste in Kürze
- Eine Frau liess ihre beide Töchter genital verstümmeln.
- Sie wurde zu acht Monaten Gefängnis verurteilt.
- Ihr Ex-Mann hatte sie angezeigt.
Das Strafgericht in Boudry NE hat am Donnerstag eine Somalierin zu einer bedingten Freiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt, weil sie die Genitalien ihrer beiden Töchter verstümmeln liess. Die Verteidigung hatte Freispruch gefordert.
«Ich masse mir nicht an, die Dinge ändern zu können. Aber vielleicht trägt dieses Urteil dazu bei, das Leid von Millionen von Mädchen zu beseitigen», sagte die Richterin des Regionalgerichts des Littoral und des Val-de-Travers, Nathalie Kocherhans. Das Urteil war mit Spannung erwartet worden, da es in der Schweiz bisher noch keine Rechtssprechung zu diesem neuen Artikel 124 des Strafgesetzbuches (Verstümmelung weiblicher Genitalien) gab.
Mann zeigte Ex-Frau an
Die in Neuenburg wohnhafte Somalierin wurde von ihrem somalischen Mann, von dem sie heute getrennt lebt, angezeigt, weil sie zwischen 2013 und 2015 die Genitalverstümmelung ihrer beiden Töchter in Somalia respektive in Äthiopien veranlasst haben soll. Die beiden Mädchen waren sechseinhalb und sieben Jahre alt, als ihnen die weiblichen Geschlechtsorgane ganz oder teilweise entfernt wurden. Die Mutter der Mädchen bestritt diese Fakten nicht.
Universelle Menschenrechte
Die Tatsache, dass die Frau zum Zeitpunkt dieser Eingriffe in die sexuelle Integrität der Mädchen nicht in der Schweiz, sondern in Somalia gelebt habe, stelle keinen Grund für einen Freispruch dar, wie ihn die Verteidigung gefordert habe, sagte die Richterin. Für das Prinzip der Universalität (der Menschenrechte) gebe es keine Möglichkeit der Interpretation.
Das Gericht trug aber dennoch der schwierigen persönlichen Situation der Somalierin Rechnung. Die Analphabetin habe in ihrem Land unter grossem sozialem Druck gestanden, ihre Töchter beschneiden zu lassen. Die Strafe habe vor allem symbolischen Charakter. Angesichts der Schwere der Tat sei eine Freiheitsstrafe aber trotzdem nötig gewesen, fügte die Richterin hinzu.