#zukrass: Nur wenige kennen die Opferhilfe
Wer körperliche oder sexuelle Gewalt erlebt, kann sich bei den Zürcher Opferberatungsstellen Hilfe holen. Doch die meisten Opfer tun dies nicht - vor allem weil sie gar nicht wissen, dass es solche Stellen gibt. Die Kampagne «#zukrass» soll die Angebote nun bekannter machen.
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Die Videoclips, die Justizdirektorin Jacqueline Fehr (SP) am Dienstag den Medien vorführte, zeigen das Thema ganz ohne verharmlosende Filter: Eine junge Sportlerin wird von ihrem Trainer in der Dusche vergewaltigt, ein Jugendlicher von seinem Vater verprügelt und eine junge Frau von ihrem eifersüchtigen Freund an den Haaren durch die Wohnung gezerrt.
Ihr sei bewusst, dass es bedrückend sei, solche Szenen zu sehen, sagte Fehr. Sie seien aber absichtlich so gewählt, um Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene direkt anzusprechen und zu ermutigen, sich bei einer Opferberatungsstelle zu melden.
Zwei Drittel kennen die Opferhilfe nicht
Dies passiert heute laut Fehr noch viel zu selten. Eine Umfrage ergab, dass zwei Drittel der Bevölkerung noch nie vom Opferhilfegesetz gehört haben. In der Gruppe der 16- bis 29-Jährigen wissen sogar 78 Prozent nicht, dass es Hilfsangebote für Opfer gibt.
Nur ein Viertel der Opfer, die sich Hilfe suchen, sind zudem Männer - und dies obwohl Männer gleich häufig Opfer von Gewalttaten werden wie Frauen. Sie holen also viel seltener Hilfe von aussen. Für Fehr sind die Ergebnisse der Umfrage «besorgniserregend», denn die Erfahrung zeige, dass Opferhilfe die psychische Beeinträchtigung nach Gewalttaten wirklich verringern könne.
Fehr will mehr Geld
Zu wenig zu tun haben die Beratungsstellen aber auch heute nicht. Gemäss Angaben des Kantons kümmern sich die Mitarbeitenden pro Jahr um 9000 Fälle - für ein Opfer bleiben so gerade mal fünf Stunden. Dies sei natürlich viel zu wenig, sagte Fehr weiter. Sie hat es sich deshalb zum Ziel gesetzt, dass die Opferhilfe in der kommenden Legislatur mehr Geld erhält.
Momentan wendet der Kanton Zürich jährlich rund 10 Millionen Franken dafür auf. Das Geld fliesst einerseits in die Beratung, andererseits direkt an die Opfer. Das Geld wird entweder als Genugtuung für erlittenes seelisches Leid ausgezahlt oder als Entschädigung, etwa bei Erwerbsausfall oder für Anwalts- und Therapiekosten.
Die Zahlungen an Opfer nehmen seit einigen Jahren tendenziell eher ab, die Beratungstätigkeit wird immer wichtiger. Dies sei vom Gesetzgeber so gewollt und eine Folge der Opferhilfegesetz-Revision im Jahr 2009 - für Fehr keine schlechte Entwicklung. Beratung sei ein wichtiger Beitrag, den Geld nicht leisten könne.
Weiterbildung für alle Staatsanwälte
Um Opfern besser helfen zu können, schickt Fehr zudem alle Staatsanwälte in eine obligatorische Weiterbildung. Es gehe darum zu lernen, traumatisierte Opfer zu befragen und ihre Antworten richtig zu deuten. Ziel ist, dass die Opfer nicht ein zweites Mal traumatisiert werden, weil sie etwa nach einem Sexualdelikt unsensibel befragt werden.
-Mitteilung der Stadt Zürich (mis)