Disenchantment lohnt sich trotz fadem Start

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In «Disenchantment» schickt Matt Groening («Simpsons», «Futurama») drei liebenswerte Chaoten auf Abenteuer. Die Serie beginnt schwach, legt aber stark zu.

Die drei Hauptfiguren Elfo, Bean und Luci auf der Flucht
Die drei Hauptfiguren Elfo, Bean und Luci auf der Flucht - Netflix / Disenchantment

Das Wichtigste in Kürze

  • Die neue Netflix-Serie «Disenchantment» handelt von einer rebellischen Prinzessin.
  • Mit ihrem persönlichen Dämon Luci und dem Elfen Elfo erlebt sie allerlei Abenteuer.
  • Die Serie braucht einige Folgen, bis sie in Fahrt kommt, wird dann aber richtig gut.

«Disenchantment», die neue Serie von «Simpsons»- und «Futurama»-Macher Matt Groening, wurde von Serienfans auf der ganzen Welt sehnlichst erwartet. Vor rund einer Woche wurde die erste Staffel der Serie auf Netflix veröffentlicht. Die ersten Reaktionen der Fans sind durchzogen. Wer eine Art «Futurama» im Mittelalter erwartet hat, wird enttäuscht.

Die Geschichte

Prinzessin Tiabeanie (gesprochen von Abbie Jacobsen, «Broad City»), kurz Bean, lebt im Königreich Dreamland. Weil ihr Vater, König Zog (John DiMaggio, Bender aus «Futurama»), eine Allianz schmieden will, soll sie einen fremden Prinzen heiraten. Das passt der Prinzessin, die lieber Nächte durchzecht, Karten spielt und Unsinn anstellt, überhaupt nicht.

Als sie sich beinahe schon in ihr Schicksal gefügt hat, beschwört eine okkulte Gesellschaft einen Dämon, der sie fortan begleitet. Der heisst Luci (Eric Andre, «2 Broke Girls») und soll Bean dazu bringen, ihre dunkle Seite noch mehr auszuleben.

Elfo, Bean und Luci verlassen eine Taverne nach einem feucht-fröhlichen Abend
Elfo, Bean und Luci verlassen eine Taverne nach einem feucht-fröhlichen Abend - Netflix / Disenchantment

Das geht zunächst gut, denn die Prinzessin flüchtet am Altar. Doch wenig später kreuzt sich ihr Weg mit dem Elfen Elfo (Nat Faxon, «Ben and Kate»), der den guten Gegenpart zum bösen Luci übernimmt. Das Trio erlebt daraufhin allerlei Abenteuer in und um Dreamland. Leider braucht die Story ungefähr sechs Folgen, bis sie so richtig in Gang kommt.

Zu Beginn haben die billigen Witze eindeutig überhand, die allzu oft irgendwie flach fallen. Die Situationskomik wird noch nicht souverän als Stilmittel eingesetzt. Doch man merkt den Autoren an, dass sie im Laufe der Serie ihren Stil gefunden haben.

Bean und Zog besprechen sich beim Familienfrühstück mit Beans Stiefmutter Oona (rechts) und Halbbruder Derek (links) während Berater Odval im Hintergrund steht
Bean und Zog besprechen sich beim Familienfrühstück mit Beans Stiefmutter Oona (rechts) und Halbbruder Derek (links) während Berater Odval im Hintergrund steht - Netflix / Disenchantment

Ein weiteres Problem: Aus den klassischen Cartoons wie den «Simpsons» kennen wir das Schema, dass zu Beginn der neuen Folge wieder alles beim Alten ist. Davon wich «Futurama» schon ein bisschen ab. Bei «Disenchantment» führt jede Folge den Erzählstrang der vorherigen weiter, aber natürlich bleiben die Abenteuer episodisch. Und das funktioniert leider zu Beginn der Serie noch nicht.

Ist eine Serie episodenhaft, reicht es, zu Beginn ein Problem zu präsentieren, das die Protagonisten im Laufe der Folge lösen müssen. Wird der Erzählstrang aber in der nächsten Folge fortgeführt, braucht es eben auch ein Problem, das einige Folgen zur Lösung braucht. Das gibt es aber zu Beginn nicht. Erst ab der 7. Folge wird die Spannung auch über den Abspann hinaus aufrechterhalten, und das ist der Zeitpunkt, wo die Serie richtig gut wird.

Die Figuren

Die Belegschaft von «Disenchantment» ist eine der grossen Stärken der Serie. Bean ist ein sympathischer Hauptcharakter, der auf witzige Weise alle Prinzessinenklischees bricht. Ihr persönlicher Dämon Luci ist bisher klar der Favorit bei den Fans. Mit seiner zynisch-bösen Art und zwischendurch aufblitzenden Freundlichkeit, ist er der heimliche Star der Serie.

Luci, Bean und Elfo schauen in den Sonnenuntergang
Luci, Bean und Elfo schauen in den Sonnenuntergang - Netflix / Disenchantment

Seine Sprüche haben Kultpotential, sein «Do it!», mit dem er Bean zu unvernünftigen Aktionen ermutigt, ist jetzt schon Kult und auf T-Shirts zu kaufen. Elfo, der aus dem Elfenwald geflüchtet ist, weil er die penetrante Fröhlichkeit nicht mehr ertrug, bleibt dagegen leider etwas blass und eindimensional.

Die Machart

Eine weitere grosse Stärke von «Disenchantment» ist der Zeichenstil. Die Figuren sind klar als Matt-Groening-Erfindungen erkennbar, doch die Serie setzt vor allem in Bezug auf den Detailreichtum der liebevoll gezeichneten Hintergründe cinematografisch neue Standards für Cartoonserien. Als Zuschauer ertappt man sich bei Establishing Shots schon einmal dabei, dass man die Serie pausiert um das Gemälde auf seinem Schirm zu bewundern.

Liebevoll gezeichnet: die Hauptstadt des fiktiven Königreiches «Dreamland»
Liebevoll gezeichnet: die Hauptstadt des fiktiven Königreiches «Dreamland» - Netflix / Disenchantment

Bei den Figuren hält sich der Detailreichtum jedoch in Grenzen, weshalb sich die Charaktere auf den wunderschönen Hintergründen etwas plump und fehl am Platz anfühlen. Eine witzige Idee ist dagegen, den Dämonen Luci gleich als zweidimensionales Wesen zu zeichnen – schliesslich ist er ein uraltes Wesen aus einer anderen Dimension.

Der beste Moment

In der 5. Folge («Faster, Princess! Kill! Kill!») müssen Bean und Luci den im Wald verschollenen Elfo suchen. Sie stossen dabei auf Hänsel und Gretel, die glücklich zusammen im Lebkuchenhaus leben. Natürlich stimmt mit den einst von der Hexe gefangenen Kindern etwas nicht. Eine kreative, zum Schluss actionfilmartige Parodie auf Horrofilme, die viele Aspekte des Märchens auf den Kopf stellt.

Sehenswert, weil:

Wer sich durch die streckenweise faden ersten Folgen gekämpft hat, wird mit einem furiosen Staffelfinale belohnt, das einen der besseren Cliffhanger der letzten Zeit bietet. Wenn die schon bestellte zweite Staffel so weitermacht, wird «Disenchantment» bald zur nächsten Groening-Kultserie.

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