Krebs

Füreinander da sein: Wie man über Krebs spricht

Nau Lifestyle
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Bern,

Viele von uns kennen Menschen mit der Diagnose Krebs. Dabei steht eine Frage im Raum. Spreche ich die Person auf ihre Erkrankung an – und wenn ja, wie?

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Eine Krebserkrankung ist eine Krise. Kommen im Gespräch Emotionen hoch, ist das ganz normal. - Christin Klose/dpa-tmn

Das Wichtigste in Kürze

  • Wer Menschen mit Krebs kennt, weiss oft nicht, wie im Gespräch damit umzugehen ist.
  • Meist muss man weder etwas machen, noch richtige Worte finden: Da sein ist das Wichtigste.
  • Im Miteinander entwickelt sich dann oft die Dynamik, die dem erkrankten Menschen gut tut.

«Na, wie läuft die Chemo?» – So salopp sprechen wohl die wenigsten Menschen Krebspatienten in ihrem Umfeld an.

Schon vor dem ersten Satz dreht sich oft das Gedankenkarussell: Darf ich meine Nachbarin oder den Kollegen überhaupt auf die Erkrankung ansprechen?

Ist ein «Wie geht's dir» nicht zu banal? Oder lieber schweigen – die Person beschäftigt sich doch ohnehin genug mit ihrer Diagnose, oder?

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Prof. Anja Mehnert-Theuerkauf leitet die Abteilung für Medizinische Psychologie und Soziologie am Universitätsklinikum Leipzig in Deutschland. - Jens Gerber/dpa-tmn

Prof. Anja Mehnert-Theuerkauf von der Deutschen Krebsgesellschaft verrät im Interview, wie man gegenüber Krebserkrankten die richtigen Worte findet – und wie man damit umgeht, wenn im Gespräch die Tränen fliessen.

Wie wägt man denn ab, ob man das Thema Krebs anspricht, wenn man jemanden trifft, von dessen Diagnose man weiss?

Geht es um eine Person aus dem weiteren sozialen Umfeld, etwa um einen Kollegen oder eine Kollegin auf der Arbeit, kann man darauf achten, was die Person signalisiert.

Oft kann man daran ablesen, ob er oder sie darüber sprechen mag. Sagt jemand so gar nichts über die Krankheit, kann das ein Zeichen sein, dass er oder sie wirklich nicht drüber reden mag.

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Oft können Angehörige erahnen, ob Krebspatienten über ihre Erkrankung sprechen möchten. Fällt ein «Ich war im Krankenhaus» oder ein «Ich habe ja meine Haare verloren», kann das ein Einstieg in ein Gespräch sein. - Andreas Arnold/dpa/dpa-tmn

Wenn jemand aber fallen lässt: «Ich war im Krankenhaus», dann kann man das im Gespräch aufgreifen und schauen, wie derjenige reagiert. Etwa indem man sagt: «Ja, ich habe davon gehört, war mir aber nicht sicher, ob ich Sie darauf ansprechen soll».

Und wenn es um eine Krebsdiagnose in der Familie geht?

Gerade wenn es die Krebserkrankung innerhalb der Familie gibt, gilt: Es ist immer besser, über das Thema Krebs zu sprechen.

Aber nicht zu jeder Tages- und Nachtzeit, also nicht unbedingt vor dem Schlafengehen, wenn alle müde und kaputt vom Tag sind.

Über das Thema zu sprechen, kann am Anfang schwer sein, entlastet mittelfristig aber sowohl die Betroffenen als auch die Angehörigen und Freunde.

Und natürlich gibt es oft dringende Anliegen, die besprochen werden müssen: die Patientenverfügung, wer bestimmte Aufgaben übernimmt, ob Medikamente regelmässig genommen werden.

Gibt es Situationen, die sich besser oder schlechter eignen, um das Thema Krebs anzusprechen?

Wenn man die betroffene Person nicht so gut kennt, sollte man darauf achten, ob Menschen im Raum sind, die mithören könnten. Wenn ja, sollte man ein Gespräch über Krebs besser lassen oder warten, bis man ungestört ist.

Meine Beobachtung ist, dass es sich beim Spazieren leichter redet. Denn: Man muss sich nicht die ganze Zeit anschauen, hält Pausen besser aus und kann danach noch etwas Schönes unternehmen – etwa auf einen Kaffee einkehren.

Das ist für so ein Gespräch einfach angenehmer, als wenn man sich gegenübersitzt und sich am Tisch festhält.

Wie geht man mit der Unsicherheit um, ob man den richtigen Ton trifft?

Solche Gespräche sind manchmal etwas holprig. Das macht aber nichts. Ich glaube, dass die Haltung wichtig ist. Dass man signalisiert, für die Person da sein zu wollen.

Ein Weg kann auch immer Ehrlichkeit sein, dass man sagt: «Ich bin mir gar nicht sicher, ob du über deine Krebserkrankung sprechen magst. Aber ich möchte dich trotzdem fragen, wie es dir geht.»

Ratsam sind auch offene Fragen wie zum Beispiel «Wie geht es dir heute?» oder «Was brauchst du momentan?»

Welche Worte oder welches Verhalten können Betroffene denn verletzen?

Sätze wie «Kopf hoch» oder «Das wird schon wieder» kommen bei Betroffenen oft nicht gut an – so gut sie auch gemeint sind.

Denn diese Sätze können im Unterton «Lass mich bloss damit in Ruhe» signalisieren. Dieses Beschwichtigen führt oft dazu, dass das Gespräch über Krebs zum Erliegen kommt.

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Oft fallen Gespräche leichter, wenn man gemeinsam spazierengeht. - Pixabay

Ein weiterer Fehler ist, zu schnell mit Ratschlägen zu kommen. Viele Betroffene berichten, dass es einfach nervt, wenn sich die ganze Welt auf einmal als Experte für ihre Erkrankung sieht.

Wichtig in solchen Gesprächen ist, dass man zuhört. Die meisten sagen schon etwas, wenn sie etwas brauchen.

Und was tue ich, wenn mein Gegenüber im Laufe des Gespräches weint?

Man muss gar nichts machen, ausser präsent zu sein. Weinen ist ein Teil der seelischen Verarbeitung, zum Beispiel von Wut. Sie können ein Taschentuch reichen oder ein Wasserglas bringen. Aber noch nicht mal das muss man machen.

Denn das Weinen ist etwas Gutes, die Wut auch. Beides hilft der betroffenen Person dabei, die Situation zu verarbeiten. Wenn man geweint hat, fühlt man sich danach oft etwas besser.

Emotionen sind in so einer Situation normal – eine Krankheit ist eine Krise, die auch eine Krise sein darf.

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