Immer mehr Menschen leiden an Corona-Burnout
Die Corona-Pandemie strapaziert die Menschen auf verschiedene Weise. Experten warnen vor einem Burnout. Viele Familien sind überlastet und suchen sich Hilfe.
Das Wichtigste in Kürze
- Über die Hälfte der Schweizer fühlt sich durch die Pandemie stark belastet.
- Homeschooling und Homeoffice sind die grössten Belastungstreiber.
- Der Winter verstärkt die Wirkung des Lockdowns.
Die Schweiz geht in diesem Corona-Winter einen europäischen Sonderweg. In den meisten Kantonen sind die Skigebiete geöffnet. Die Regierung begründet dies damit, dass es sich um eine Aktivität an der frischen Luft handelt.
So können sich zumindest begeisterte Skiläufer in der Freizeit erholen. Der Rest des Landes steuert dagegen auf ein Burnout zu.
Der Winter wird als besondere Belastung empfunden
Der erste Lockdown im Frühling 2020 verlief insgesamt kürzer und wurde von den meisten Menschen als weniger beschwerlich empfunden.
Mildes sonniges Wetter erlaubte vielfältige Freizeitaktivitäten im Freien. Dazu herrschte das Gefühl vor, die Pandemie mit einer einmaligen Kraftanstrengung zu bewältigen.
Nach einigen Monaten, die fast schon an Normalität grenzten, kehrte das Virus in der zweiten Welle mit voller Wucht zurück. Alleine dies zehrte schon an den Nerven der Menschen. Die Hoffnung auf echte Normalität wurde brutal enttäuscht.
Dazu kommt der Winter selbst: Frühe Dunkelheit und eisige Kälte schränken den Aufenthalt im Freien stark ein.
Typische Wintervergnügen wie Kino, Theater und Clubs sind unmöglich. Folglich sitzen die Menschen nun weitgehend isoliert in den eigenen Häusern und Wohnungen. Mit fortdauerndem Winter zehrt dies noch stärker an der Psyche.
Eltern und Heimarbeiter besonders belastet
Anders als in vielen Nachbarländern bleiben die Schulen in der Schweiz weitgehend geöffnet. Dennoch leiden Eltern stärker als kinderlose Paare unter der Pandemie.
Denn den Kindern fehlen der normale Kontakt zu Freunden und Hobbys, die derzeit nicht möglich sind. Gerade in engen Wohnungen fällt der ganzen Familie schnell die Decke auf den Kopf.
Mit der Ankunft der hochansteckenden Mutationen hängt nun wieder das Damoklesschwert der Schulschliessungen über den Köpfen der Familien.
In mehreren Kantonen kam es bereits zu entsprechenden Vorfällen. Für die Eltern bedeutet dies, dass sie ihre Kinder in Quarantäne zu Hause betreuen müssen. Die eigene Arbeit kann so kaum noch bewältigt werden.
Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit zerfliessen
Einerseits ist die Möglichkeit von zu Hause aus zu arbeiten, eine der grössten Segnungen dieser Pandemie. Reduziert das Homeoffice doch die Zahl der täglichen Kontakte enorm.
Andererseits trägt es seinen Teil zum Corona-Burnout bei: Vielen Menschen im Homeoffice fällt es schwer, eine klare Grenze zwischen Arbeit und Privatleben zu ziehen.
Eltern sind überdurchschnittlich stark betroffen. Muss das Kind Quarantäne-bedingt zu Hause bleiben, muss es tagsüber betreut werden. Die Arbeit bleibt dann bis abends liegen. Zeit für Entspannung ist keine mehr übrig.
Doch auch ohne Kinderbetreuung ist die Versuchung gross, liegengebliebene Arbeit abends noch zu erledigen. Dazu gibt es noch immer rücksichtslose Vorgesetzte, die ihren Mitarbeitern abends noch Nachrichten schicken oder sie sogar anrufen. Hier müssen unbedingt klare Grenzen gezogen werden.
Der Kampf gegen Windmühlen führt zum Burnout
Beim sogenannten Corona-Burnout leidet zunächst die Psyche. Viele fühlen sich permanent gestresst und gereizt, anderen verfallen in Depressionen und stundenlanges Grübeln.
Schon bald wirken sich die psychischen Beschwerden auf den Körper aus. Mediziner berichten von steigenden Patientenzahlen bei typisch psychosomatischen Erkrankungen wie Magenbeschwerden, Rückenproblemen, Tinnitus und Allergien.
Psychologen sehen einen Hauptgrund darin, dass die Menschen mental gegen die Pandemie rebellieren. Doch dieser Kampf gegen Windmühlen ist sinnlos: Das Virus ist nun einmal da und lässt sich so leicht nicht bezwingen. Einschränkungen der sozialen Kontakte und Lockdowns werden trotz der Impfprogramme noch eine Weile anhalten.
Go with the flow
Sie raten daher dazu, die mentale Einstellung zu ändern. Statt unbewusst zu rebellieren, ist es besser, das Unvermeidliche zu akzeptieren. Immerhin lässt die Schweiz ihren Bürgern noch weit mehr Freiheiten als viele andere europäische Länder, Stichwort Skipisten.
Ausserdem sollte sich niemand schämen, Hilfe zu suchen. Schon ein offenes Gespräch mit einer anderen Person und die Erkenntnis, dass diese ebenso leiden, kann wertvoll sein. Auch kleine Belohnungen helfen. Ein Shoppingbummel oder ein Wochenende in Paris ist gerade nicht drin?
Warum das Geld nicht nutzen, um ein paar spezielle Schuhe online zu kaufen, die man sich sonst nicht gönnen würde? Viele Restaurants liefern nach Hause, mit denen sich ein romantisches Candle-Light-Dinner inszenieren lässt.
Schon die Vorfreude darauf lässt eine Woche schneller vergehen. Wieder ist das Ende des langen dunklen Winters eine Woche näher gerückt.