Unbemerkte Schwangerschaft – wie kann das passieren?
Übelkeit, ausbleibende Periode und ein wachsender Bauch: Kann eine Frau die Anzeichen für eine Schwangerschaft wirklich übersehen?
Das Wichtigste in Kürze
- Eine von 2500 Frauen bemerkt ihre Schwangerschaft bis zur Geburt nicht.
- Oftmals verdrängen sie die Tatsache, da sie das Kind eigentlich nicht möchten.
Immer wieder sorgen unbemerkte Schwangerschaften für Aufsehen. Viele Menschen können nicht verstehen, wie eine Schwangerschaft unbemerkt verlaufen kann.
Wie kann eine Frau nicht merken, dass sie ein Baby bekommt?
Eine von 500 Schwangerschaften wird verdrängt
Laut dem Berliner Frauenarzt und Psychotherapeut Peter Rott ist das gar nicht so selten.
Eine von 500 schwangeren Frauen erlebe eine sogenannte Gravitas suppressalis – eine verdrängte Schwangerschaft. Rott selbst habe in seiner 25-jährigen Karriere rund 30 Fälle gesehen.
Dabei merkt die Frau bis zur 20. Schwangerschaftswoche nicht, dass sie ein Kind in sich trägt. Der Extremfall, dass die Schwangerschaft bis zur Geburt nicht bemerkt wird, sei seltener.
Aber mit einer von 2500 Schwangeren zumindest noch wahrscheinlicher als eine Drillingsgeburt.
Neben verdrängten gibt es auch verleugnete Schwangerschaften. Dabei sei der Frau zwar eigentlich klar, dass sie ein Kind erwarte. «Sie schiebt es aber weg», so Rott.
Dieses Verleugnen geschehe ebenso unbewusst wie das Verdrängen.
Die Gründe für beide Formen können verschieden sein. Meist geschehe dies aber als Abwehr gegen einen inneren Konflikt. Und dieser resultiere häufig aus einer Lebenssituation, in die kein Kind passe.
Schwangerschaftssymptome lassen sich umdeuten
Die sonst so eindeutigen Symptome einer Schwangerschaft werden damit einfach wegrationalisiert: Übelkeit und Gewichtszunahme werden verändertem Essverhalten zugeschrieben.
Kindsbewegungen werden als quer liegende Flatulenzen abgetan. «Man kann alles umdeuten», erklärt der Frauenarzt.
Auch sind während einer Schwangerschaft Einnistungs- und Zwischenblutungen nicht unüblich – und diese werden als Menstruationen missgedeutet.
Gerade Frauen mit unregelmässigen Blutungen oder ab einem gewissen Alter machen sich ob dem Ausbleiben der Periode keine Sorgen: Stress oder Einsetzen der Menopause können auch Gründe dafür sein.
Laut Rott blieben die unbemerkten Föten zudem unterdurchschnittlich klein – weil sich die werdenden Mütter nicht schwangerschaftskonform verhielten. «Sie machen häufig Sport, rauchen oder trinken Alkohol.»
Gemäss verschiedener Studien kommt dieses Phänomen in allen Schichten und Altersgruppen vor.
Zwar gäbe es eine stärkere Tendenz bei sehr jungen Frauen und Frauen in einem Alter, in dem sie nicht mehr damit rechneten, schwanger zu werden. «Das sticht statistisch aber nicht heraus», so Rott.
Demnach trifft auch das Klischee von unerfahrenen Frauen und solchen mit vielen sexuellen Kontakten nicht zu: «80 Prozent der Frauen sind in einer festen Partnerbeziehung.»
Und etwa die Hälfte von ihnen sei zuvor bereits mindestens einmal schwanger gewesen.
In den meisten Fällen ist eine Gravitas suppressalis für die betroffene Frau äusserst traumatisch. Die meisten Ärzte empfehlen daher oftmals eine Therapie.
Vor allem aber brauchen die Mütter Zeit, um die fehlende Vorbereitungszeit und Bindung zu ihrem Kind aufbauen zu können.