So degustieren Sie Olivenöl richtig
Die Auswahl an Olivenöl ist riesig. Doch ist nicht alles Gold, was als Spitzenqualität gilt. Fachleute erklären, wie es am besten Gerichte verfeinert.
Das Wichtigste in Kürze
- Olivenöl gehört zu den Fruchtölen, weder zu Samen- noch Kernöl.
- Frucht, Bitterkeit und Schärfe sind Kategorien, mit denen Experten die Qualität bewerten.
- Hitzestabilität plus: Mit Olivenöl kann man kochen, braten, frittieren oder backen.
- Deswegen gilt: Man wählt das Öl passend zur Geschmacksintensität des Gerichts.
Olivenöl ist ein Frucht, kein Kern- oder Samenöl. Und bei dem Fruchtöl geht es wie bei Wein um Aromatik. Gutes Olivenöl sollte pflanzliche grüne Noten von Gras über Wildkräuter bis Tomate haben und frisch schmecken.
Alles, was nicht frisch und pflanzlich riecht, sind Fehlaromen. Bei extra nativen Ölen sind sie verboten.
Beim Degustieren entwickeln sich in Mundhöhle, Rachen und Hals Schärfe und Bitternoten von dezent und flüchtig bis kräftig und lang anhaltend.
Abhängig ist dies von der Olivensorte, dem Anbaugebiet, dem Erntezeitpunkt und der Verarbeitungstechnik in den hochmodernen Mühlen. Mahlsteine gehören der Vergangenheit an.
Profis bewerten die Intensität des Öls in den Kategorien Frucht, Bitterkeit und Schärfe.
«Die Faustregel ist: Je höher der Gehalt an antioxidativ und entzündungshemmend wirkenden Polyphenolen im Olivenöl, desto schärfer und bitterer ist der Geschmack», sagt Olivenölexpertin und Buchautorin Michaela Bogner.
Besonders für Einsteiger sind solch intensiv-fruchtige Olivenöle meist gewöhnungsbedürftig.
Sortenreine Olivenöle drücken am besten die Eigenschaften einer Olivensorte und ihres Terroirs, also der gesamten natürlichen Umgebung aus.
Manche Öle kommen auch als Blends auf dem Markt. Dafür werden meist Oliven verschiedener Sorten gleichzeitig geerntet und in der Ölmühle verarbeitet.
Michaela Bogner: «Idealer ist es, erst sortenreine Öle zu produzieren, also den optimalen Erntezeitpunkt jeder einzelnen Olivensorte zu beachten, und dann einen Blend zu kreieren.»
Spitzenqualität kann erhitzt werden
Hartnäckig hält sich die Mär, dass nur raffiniertes Olivenöl erhitzt werden darf. Das sei schlichtweg falsch, betonen die Fachleute unisono.
Conrad Bölicke, Gründer der Olivenölkampagne ArteFakt, erklärt: Durch die hohe Hitzestabilität seiner einfach ungesättigten Fettsäuren kann man mit Olivenöl bedenkenlos kochen, braten, frittieren oder backen.Und zwar unabhängig davon, ob es sich um ein raffiniertes, natives oder extra natives Öl handelt.
Der Rauchpunkt von Olivenöl liegt bei rund 210 Grad Celsius.
Dagegen sprechen jedoch der hohe Preis hochwertiger Olivenöle und der Verlust der feinen Aromen.
Geschmack und Aroma dieser Tropfen kommen am besten zur Geltung, wenn sie erst kurz vor dem Anrichten einer Speise untergemischt oder darüber geträufelt werden.
«Beim Erhitzen des Öls verflüchtigen sich die Aromen. Auch die Geschmackskomponenten scharf und bitter lassen nach», sagt Michaela Bogner.
Alleskönner in der Küche
Beim Kochen wählen Profis ihr Olivenöl passend zur Intensität des Gerichts. Ein intensiv fruchtiges Öl passt zum Beispiel zu einem Linsen- oder Bohneneintopf, gegrilltem Steak oder deftigen Schmorgerichten wie Sauce Bolognese.
Conrad Bölicke macht damit seinen griechischen Salat aus Feta, Tomaten, Peperoni und Gurken an. Oder er mariniert mit dem herzhaft-würzigen Öl ein Fenchel-Carpaccio.
Mittelfruchtige Öle sind ein Muss bei Gegrilltem, sei es Fisch, Meeresfrüchte oder Gemüse. Mildfruchtige Tropfen dagegen erhöhen die Aromen und Geschmacksnoten von sanft gegartem Fisch oder Huhn und veredeln das Dressing für zarte Blattsalate.
Michaela Bogner nimmt die kräftigen Bitternoten intensiv-fruchtiger Olivenöle, um Süsse oder Üppigkeit eines Gerichts auszubalancieren.
«Toll funktionieren solche Öle zum Beispiel über rahmiger Burrata mit frischen Feigen, über Vanilleglacé, Basilikumsorbet oder über sehr stärkehaltigen Gerichten wie Favebohnen-Kartoffelpüree», sagt sie.
Die Kochbuchautorin Rose Marie Donhauser liebt «total simple Genüsse, die in ihrer Einfachheit bestechen». Sie tunkt Weiss- oder Fladenbrot in Olivenöl und taucht es anschliessend üppig in eines ihrer Lieblingsgewürze: Zatar.
«Diese Gewürzmischung besteht aus wildem Thymian, Sumach, gerösteten Sesamsamen und Salz».
Da sie gern Salat und Gemüse isst, aromatisiert sie Olivenöl mit Orangen- oder Zitronenzesten, Knoblauch und Rosmarin, um je nach Gusto eine Auswahl zu haben.
Ein weiterer Tipp: Apfel oder Birne in hauchdünne Scheiben hobeln, mit Olivenöl beträufeln, Parmesanflocken darüber streuen, mit Meersalz und Pfeffer würzen. Dazu schmecken Ciabatta und ein Glas Wein.