In den USA: Zellfleisch aus dem Laborerstmals zum Verkauf zugelassen
Viele Jahre wurde daran geforscht, Millionen von US-Dollars wurden investiert – nun ist der grosse Moment da: Laborfleisch ist zum Verkauf zugelassen.
Das Wichtigste in Kürze
- Die US-Behörden haben erstmals die Bewilligung für den Verkauf von Laborfleisch erteilt.
- Die USA ist nach Singapur erst das zweite Land, das Laborfleisch zum Verkauf freigibt.
- Zelluläres Fleisch ist ein riesiger Schritt in Richtung einer nachhaltigeren Zukunft.
- In der Schweiz und der EU wird die Einführung frühestens im Jahr 2025 erwartet.
Befürworter sehen eine massive Verbesserung für die Tiere, Unternehmen sehen Wachstumschancen, Kritiker bemängeln die Umweltbilanz und mancher Konsument fühlt sich an Frankenstein erinnert: gezüchtetes Fleisch aus dem Labor wird zugleich gehypt und kritisiert.
Das erste zelluläre Fleischstück aus dem Labor wurde im Jahr 2013 der Öffentlichkeit präsentiert. Kostenpunkt des Burgers, der unter der Leitung des Wissenschaftlers Mark Post an der Universität Maastricht entwickelt wurde: rund 250'000 Euro.
Innerhalb der letzten Jahre wurden in der zellulären Forschung aber massive Fortschritte gemacht.
Und diese Woche gelang der Durchbruch.
Laborfleisch zum Verkauf zugelassen
Zwei Firmen haben vom US-Landwirtschaftsministerium die Bestätigung erhalten, dass das zelluläre Fleisch aus dem Labor genauso sicher sei «wie vergleichbare Lebensmittel, die mit anderen Methoden hergestellt wurden.»
Die Startups Upside Foods und Good Meat erhielten somit als erste Firmen in den USA die Bewilligung, ihr Hühnerfleisch an Konsumenten verkaufen zu dürfen. Bislang war das weltweit nur in einem einzigen Land möglich, und zwar in Singapur.
«Diese Zulassung wird grundlegend verändern, wie Fleisch auf unseren Tisch kommt», erklärte Uma Valeti, Gründer und CEO von Upside Foods. «Es ist ein riesiger Schritt in Richtung einer nachhaltigeren Zukunft.»
Das Fleisch wird aber noch nicht in Supermärkten erhältlich sein. Beide Unternehmen verfolgen die Strategie, ihr Fleisch in Restaurants anzubieten. Wenn die Produktionskapazitäten erhöht werden, könnten Lebensmittelgeschäfte folgen.
Noch kostet das Hühnchenfleisch aus dem Labor mehr als das konventionell hergestellte Fleisch. Das Ziel ist es jedoch, die Kosten weiter zu senken, um so das Laborfleisch einer breiteren Masse zugänglich zu machen.
Laborfleisch in Europa
In der EU und der Schweiz sind wir von einer Marktzulassung von zellulärem Fleisch noch etwas entfernt, auch wenn es zahlreiche Startups gibt, die in diesem Bereich tätig sind.
Das Swiss Food & Nutrition Valley schätzt, dass frühestens im Jahr 2025 mit einer Markteinführung gerechnet werden kann. Auch der Cultured Hub in Kempthal, der die Entwicklung zellulären Produkten grossflächig fördern will, rechnet mit zwei bis drei Jahren.
Die Migros hat bereits eine Absichtserklärung (Memorandum of Understanding) mit dem israelischen Food-Tech-Unternehmen SuperMeat unterzeichnet. Die Detailhändlerin will im Jahr 2025 das Laborfleisch in ihren Läden einführen.
Die Organisation «Cellular Agriculture Europe» schätzt, dass auch in der EU die Bewilligungsverfahren noch mindestens zwei Jahre dauern werden.
Neue Lösungen sind dringend gefragt
Tierleid, Klimawandel, Wachstum der Weltbevölkerung: Die Herausforderungen unserer Zeit bedürfen dringender Lösungen. Bis 2050 soll die Weltbevölkerung auf 9,6 Milliarden Menschen ansteigen. Laut der UN-Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation FAO wird dadurch die Nachfrage nach Fleisch massiv steigen.
Wollen wir diese Nachfrage mit konventionell hergestelltem Fleisch decken, wird das gravierende Auswirkungen auf die Umwelt haben.
Greenpeace berechnet, dass tierische Produkte schon jetzt für rund 60 Prozent der ernährungsbedingten Klimaemission verantwortlich sind. Neben den bereits etablierten Alternativen aus Tofu, Seitan oder Erbsenproteinen ist es deshalb höchste Zeit neue, massentaugliche Lösungen einzuführen, die eine nachhaltige Ernährung ermöglichen.
Mit der Bewilligung von Laborfleisch in den USA sind wir diesem Ziel einen grossen Schritt näher gekommen.
Nau Vegan
Im Rahmen der Serie «Nau Vegan» schreibt Mirjam Walser Beiträge zum Thema Veganismus und die Zukunft der Ernährung. Als Gründerin der Vegan Business School und langjährige Veganerin ist sie Expertin für Veganismus und den veganen Markt.