So zeigt sich Bore-out – und das hilft dagegen!
Arbeit kann krank machen. Bei Überforderung – aber auch, wer unterfordert ist, kann Stress erleben. Ehrlichkeit zu sich selbst ist ein erster Schritt heraus.
Eigentlich hört es sich so gut an: Einfach mal nichts tun während der Arbeitszeit, stundenlang im Internet surfen, statt von Meeting zu Meeting zu hetzen.
Doch das schöne Bild trügt. Auf Dauer kann Unterforderung im Job ebenso negative Folgen haben wie zu viel Arbeit. Bore-out heisst das Phänomen, abgeleitet aus dem Englischen «to be bored» – gelangweilt sein.
Ständige Unterforderung kann Stress auslösen
Betroffene fühlen sich ausgebrannt, kraftlos und leer. Stress entsteht erst recht, wenn man nach aussen versucht, ausgelastet zu wirken.
Entweder, weil man Sorge hat, sonst noch mehr langweilige Aufgaben aufgebürdet zu bekommen. Oder, weil man demonstrieren will, dass man mit immens bedeutenden Arbeiten beschäftigt ist.
«Wenn ich nichts tue, was eine Bedeutung hat, habe ich auch keine Bedeutung», sagt der Wirtschaftspsychologe Andreas Hemsing. Das Bedürfnis, Leistung zu bringen, sei bei vielen durchaus gross.
Und der Umkehrschluss «Wenn du keine Leistung bringst, verlierst du deinen Platz in der Gesellschaft», habe Auswirkungen auf die Gesundheit.
«Es ist seit etlichen Jahren klar, dass inhaltliche Leere Menschen emotional schädigt», so Hemsing. Die Betroffenen fühlen sich nicht nur gelangweilt und desinteressiert, sondern auch unzufrieden, frustriert und genervt.
Bore-out endet nicht mit dem Feierabend
Und das nicht nur während der Arbeit. «Seinen wirklich fiesen Charakter zeigt der Bore-out nach Feierabend», sagt Peter R. Werder, der mit Philippe Rothlin ein Buch zum Thema («Unterfordert. Diagnose Boreout») geschrieben hat.
Die Symptome lassen sich nicht auf Knopfdruck abstellen, wenn man das Büro verlässt. Und vielen ist gar nicht bewusst, dass das Unwohlsein am Abend, die Lustlosigkeit, Gereiztheit, Müdigkeit und Introvertiertheit einen Bezug zur Arbeit haben könnten.
Selbstbetrug funktioniert auf Dauer nicht
Viele, die darunter leiden, kündigen irgendwann innerlich und entwickeln so etwas wie eine resignative Arbeitszufriedenheit.
Das heisst, sie wissen zwar, dass ihre Tätigkeit eigentlich Mist ist, sagen sich selbst jedoch: «Es ist ok hier! Ich habe keine Probleme, ich bekomme regelmässig Ferien und verdiene ganz gutes Geld.»
Letztendlich ist dies jedoch Selbstbetrug, der auf Dauer nicht funktioniert. Besser und wichtiger, als sich die Arbeit schönzureden, ist es, die Arbeit selbst und die Quelle von Beeinträchtigungen zu verändern.
Wünsche für die Zukunft mit Arbeitgeber besprechen
Und das geht nicht ohne Ehrlichkeit gegenüber sich selbst und Kommunikation gegenüber seinem Arbeitgeber: «Ansprechen, intern wechseln, Weiterbildung machen oder kündigen. Das sind die Möglichkeiten – und keine davon ist sehr einfach», sagt Werder.
Zumal man die vertraute Tätigkeit oft schon lange Zeit ausgeführt hat, bevor man sich des Bore-out bewusst wird und die Konsequenzen zieht.
«Meistens ist man schon zu spät dran, wenn man mit seinem Chef redet. Dann kann man höchstens in die Zukunft sprechen.»
Dazu kann man Wünsche formulieren wie: «Ich würde gerne ab und zu auch etwas anderes erledigen, dafür bräuchte ich eine Weiterbildung.» Oder: «Ich würde gerne bei der Firma bleiben, aber kann ich mal in einer anderen Abteilung arbeiten?»
Selbstwertgefühl aus Hobbys und Co nähren
Auch eine Art Job-Rotation kann helfen, während der Beschäftigte die Tätigkeiten im Stunden- oder Tagestakt wechseln. Oder aber, Beschäftigte bemühen sich, ihre Arbeitsaufgaben anzureichern.
Denkbar ist etwa, Tätigkeiten zu übernehmen, die im Arbeitsprozess vor oder nach der eigentlichen Aufgabe stehen.
Andreas Hemsing rät, die emotionale Bedeutung von Arbeit zu reduzieren: «Um die Monotonie auszugleichen und mein Selbstwertgefühl aus etwas anderem zu nähren als aus meiner Arbeitstätigkeit.»
Das kann ein Hobby sein, Aktivitäten wie Sprachenlernen, Reisen, Sport oder ein Ehrenamt.
Das Wichtigste in Kürze
- Bore-out bezeichnet den Zustand der extremen Langeweile bei der Arbeit.
- Die Unterforderung im Job kann Stress auslösen und negative Folgen haben.
- Betroffene fühlen sich dann oft ausgebrannt, kraftlos und leer.