Tierschutz: Speziesismus und Tiere in Redewendungen
Dumme Kuh, blöder Hund: Unsere Sprache steckt voller negativer Redewendungen, bei denen Tiere bemüht werden. Der Tierschutz bemängelt diese oft.
Das Wichtigste in Kürze
- Als Speziesismus wird die Diskriminierung von Tieren bezeichnet.
- Abwandlungen alter Redewendungen sollen ein Umdenken erzeugen.
Laut Bundesamt für Statistik der Schweiz sprechen 61,8 Prozent der Schweizer Bevölkerung Deutsch als erste Sprache. Sie haben in den letzten Jahren einen deutlichen Wandel der Sprache erleben können.
Zum einen haben Anglizismen, also englische Ausdrücke, stark zugenommen. Schuld daran haben die Digitalisierung und das Internet. Viele neue Trends von der Low-Carb-Ernährung über Vanlife bis zur Work-Life-Balance werden gar nicht mehr übersetzt.
Speziesismus: Die Diskriminierung der Tiere
Eine weitere starke Veränderung ist das Bemühen um Inklusion. Dieses drückt sich vor allem durch die geschlechtergerechte Sprache aus. Die allgemein als Gendern bezeichnet wird – und damit einen weiteren unübersetzten Anglizismus liefert. Diese soll vor allem für mehr Sichtbarkeit aller Gender sorgen und damit für mehr Gleichberechtigung.
Auch auf die Diskriminierung anderer Bevölkerungsgruppen wurde mit neuen Begriffen reagiert: Ableismus bezeichnet beispielsweise die Diskriminierung von Menschen mit einer körperlichen oder psychischen Beeinträchtigung, die bewusst oder unbewusst ausgeschlossen werden.
Mit Speziesismus ist nun ein weiterer Ausdruck hinzugekommen, der das Bewusstsein für mehr Tierschutz wecken will. Gemeint ist die Erhebung der Spezies Mensch über andere Tiere.
Redewendungen würdigen Tiere herab
Beispiele für den sogenannten Speziesismus sind Redewendungen, über die kaum jemand nachdenkt: die dumme Kuh oder der dumme Affe als Beleidigung für andere Menschen zum Beispiel.
Unbewusst wird damit suggeriert, dass Kühe und Affen dumm sind. Ein ähnliches bekanntes Beispiel ist der sture Esel: Esel sind auch nicht sturer als andere Tierarten.
Andere Redewendungen zeigen die oft gedankenlose Brutalität gegenüber Nutztieren auf. Wer noch eine Rechnung mit jemandem offen hat, will beispielsweise noch ein Hühnchen mit ihm rupfen. Wer zwei Dinge auf einmal erledigen kann, der schlägt zwei Fliegen mit einer Klappe.
Vorschläge für Alternativen als Denkanstoss
Die meisten Vorschläge radikaler Tierschützer stossen bei der Allgemeinheit jedoch eher auf Heiterkeit. So soll eine Überraschung nicht mehr damit umschrieben werden, die Katze aus dem Sack zu lassen.
Stattdessen könnte eine vegane Calzone aufgeschnitten werden. Und statt das Hühnchen zu rupfen, könnten Weinblätter gerollt werden.
Allerdings sind sich selbst die Tierschützer darüber im Klaren, dass sie die Sprache nicht permanent umgestalten können. Sie sehen darin eher einen Denkanstoss für mehr Tierschutz.
Vielen Menschen ist gar nicht klar, wie sehr diese Redewendungen Tiere oft herabwürdigen. Dies eint den Speziesismus mit anderen Formen der Diskriminierung wie Sexismus und Rassismus. Diese drücken sich ebenfalls oft in der Sprache aus.
Tierschutz: Speziesismus ist nichts Neues
Der Begriff Speziesismus ist keine neue Erfindung unserer Zeit. Er wurde 1970 von Richard Ryder geprägt, einem britischen Psychologen.
Zu dieser Zeit wurde erstmals das Bewusstsein für den Tierschutz geschärft und der gedankenlose Umgang der Menschen mit Nutztieren.
Mit der Jahrtausendwende fand das Konzept des Speziesismus dann verstärkt Verbreitung unter radikalen Tierschützern weltweit.
Das neue Bewusstsein für abwertende tierische Redewendungen wiederum gehört zur Ökolinguistik. Dieser Teil der Sprachwissenschaften beschäftigt sich mit dem Einfluss des Sprachgebrauchs auf das menschliche Denken.
Dieses zeigt: Es kann sich durchaus lohnen, sanft und vor allem ohne Verbote auf die Sprache einzuwirken – und Bewusstsein zu wecken.