Saronischer Golf: Segeln in Athens blauer Lagune
Das Wichtigste in Kürze
- Den Saronischen Golf nennt man auch die Blaue Lagune Athens.
- Viele kleinen Inseln verbindet ein herrliches Segelgebiet mit Ruhe und einsamen Buchten.
- Archäologie-Fans kommen unter Wasser mit Ruinen und versunkenen Städten auf ihre Kosten.
Die Sonne ist gerade erst aufgegangen, da ist im Athener Yachthafen Marina Alimos bereits hektisches Gewusel.
Einige Segler kommen noch vom Duschen, andere von letzten Einkäufen. Skipper und Charterverleiher rennen aufgeregt über den Pier. Dutzende Boote segeln bereits los, während an Bord anderer Schiffe noch das Morgenessen abgeräumt wird.
Bernd Junge will es ruhig angehen. «Lasst die anderen erst mal ablegen. Wir essen noch in Ruhe zu Ende», sagt der Mann aus Bad Schwartau mit seiner norddeutschen Gelassenheit. An Deck der «Fani», einer 14 Meter langen Segelyacht, bewegt sich kein Lüftchen.
Schliesslich ist die mediterrane Hitze beim Morgenessen aber doch stärker als Bernds Bedürfnis nach einem ruhigen Segelstart. Noch beim letzten Schluck aus der Kaffeetasse sagt er, dass es nun vielleicht doch Zeit sei, in See zu stechen.
Auf geht's also in den Saronischen Golf, die blaue Lagune Athens. Mit an Bord: Bernds Nichte, ihr Mann und deren beide Töchter. «Lasst uns das Grosssegel setzen», ruft Bernd den anderen kurz nach dem Auslaufen aus dem Hafen zu und stellt das Boot in den Wind.
Nachdem der Motor abgestellt ist, wird es ganz ruhig. Nur die Wellen und der Wind in den Segeln sind noch zu hören. Die «Fani» nimmt Fahrt auf. Langsam verschwindet am Horizont die Akropolis.
Ouzo für den Gott des Windes
Bernd steigt kurz in seine Kajüte und kommt mit einer Flasche Ouzo zurück an Deck. Schliesslich müsse man auf Rasmus, den Gott des Windes, anstossen – für einen guten Segeltörn.
Nach rund 30 Seemeilen und ersten Badestopps vor kleineren unbewohnten Inseln erreichen wir am Nachmittag die Insel Poros.
Wenige Hundert Meter vor dem gleichnamigem Städtchen werfen wir in der malerischen Bucht den Anker. Die untergehende Sonne taucht die weiss gekalkten Häuserfassaden, die sich vom Hafen den Hang hochschlängeln, in ein warm-romantisches Licht.
Hoch über den Ort ragt der weisse Uhrturm, 1927 erbaut. Eine griechische Flagge weht über dem Fels. An der Kaimauer erleuchten langsam die Lichter der Fisch-Restaurants. An Bord gibt es Pasta mit Salat, Weisswein – und als Dessert den Panoramablick auf Poros.
Schon Hollywoodstars wie Greta Garbo oder der US-amerikanische Schriftsteller Henry Miller, der fast neun Monate hier verbrachte, waren verzaubert von dem Eiland.
Wie die meisten Saronischen Inseln ist auch Poros vulkanischen Ursprungs. Auf der benachbarten Halbinsel Methana kann man einen zugewachsenen Krater besuchen.
Kein Geheimtipp, aber nicht überlaufen
Ein touristischer Geheimtipp ist Poros keinesfalls. Sie und die anderen Inseln im Saronischen Golf sind jedoch nicht annähernd so überlaufen wie Kreta, Rhodos, Santorin oder Mykonos. Der Grund: Ohne Boot sind sie nur schwer zu erreichen.
Das Segelgebiet ist vom griechischen Festland und den Bergen der Peloponnes-Halbinsel gut vor starken Winden geschützt. Wenn in den Sommermonaten in der Ägäis der kräftige Meltemi-Wind braust, ist es rund um die Saronischen Inseln meist noch ruhig. So wurden sie zu einem beliebten Spot für Segler.
«Auf zur nächsten Insel», ruft Bernd und schmeisst den Motor an. Nach der Fahrt durch die Meerenge bei Poros, welche die Insel vom Festland des Peloponnes trennt, steuern die meisten Segler auf die Insel Hydra zu.
Autos sind hier tabu. Waren und Touristen werden an dem Fährhafen immer noch mit Eselskarren abgeholt. Hydra ist eine griechische Insel wie aus dem Bilderbuch, der Yachthafen im Sommer immer recht voll.
Klares Wasser und duftende Kiefernwälder
Wir suchen aber Ruhe und einsame Buchten. Und das Schöne am Segeln ist ja, das man spontan entscheiden kann, wohin es geht. Also steuern wir von Poros aus nicht wie die Mehrheit auf Hydra zu, sondern nehmen Kurs auf das ruhigere Agistri.
Delfine begleiten uns ein Stück, als Bernd zur unbewohnten Südwestseite dieser Insel navigiert.
Der Charterverleih hatte ihm zum Übernachten eine Bucht in der Nähe des Aponissos-Strandes empfohlen, die durch die kleine vorgelagerte Insel Dhoroussa vor Wind und Wellen geschützt ist.
Das smaragdgrüne Wasser ist hier kristallklar. Schon vom Boot aus sieht man Fischschwärme. Es duftet vom Ufer her nach Kiefernwald.
Der Anker wird geworfen, das Boot zusätzlich an einem Felsen vertäut. Es geht schnorcheln. Man kommt sich vor wie in einem Aquarium.
Unterwasserwelt mit Oktopus-Garten und antiken Amphoren
Zwei Tage später weht kaum ein Lüftchen. Segeln fällt heute aus. Mit Motorkraft schippern wir bis Palia Epidauros. Gut zehn Kilometer vom Hafen entfernt liegt eine der bedeutendsten antiken Kultstätten Griechenlands.
Die Tempelruinen sind ein Unesco-Weltkulturerbe und brauchen sich nicht hinter Olympia oder Delphi zu verstecken.
Neben Kulturfans kommen auch Taucher bei Epidauros auf ihre Kosten. Die Unterwasserwelt habe hier mit schönen Grotten und Wracks richtig viel zu bieten, sagt Vicky Martin vom Tauchcenter Scuba Blue Dream.
Barrakudas, Zackenbarsche, Schildkröten und gelegentlich Delfine tummeln sich hier. Ein Höhepunkt: der «Oktopus-Garten», ein Tauchplatz voller Kraken und Tintenfische.
In der nächsten Bucht braucht man nur eine Tauchermaske und einen Schnorchel, um vor dem Gialasi-Strand Teile einer versunkenen antiken Stadt zu sehen.
Bernd versucht, sich den archäologischen Überresten so weit wie möglich mit dem Boot zu nähern. In gerade einmal zwei Meter Tiefe liegen alte Amphoren und Fundamente antiker Gebäude.
Als es zurück nach Athen geht, steht natürlich noch der Besuch der Akropolis an. Das ist ein krönender Abschluss der Griechenlandreise.
Dennoch denkt man im Gewühl der Touristenmassen automatisch auch an die Ruhe und Abgeschiedenheit der Saronischen Inseln, die sich von hier – dem Herzen Athens – fern am Horizont erahnen lassen.