Spaniens mittelalterliche Perle: Kunst-Hotspot Cáceres
Das neue Zentrum für zeitgenössische Kunst ist eine Galerie in der Extremadura. Eröffnet hat sie eine deutsche Galeristin.
Das Wichtigste in Kürze
- In der südlichen Extremadura Spaniens liegt die Stadt Cáceres, darin: eine Kunstgalerie.
- Die Galerie verfügt über mehr als 3000 Werke internationaler Künstler.
- Der Würfelbau ist eingebettet in die Altstadt, die zum UNESCO-Weltkulturerbe gehört.
- Architektur, Gastronomie und bildende Kunst sind ein einzigartiges, sehenswertes Ensemble.
Helga de Alvear wird in Cáceres gefeiert wie ein Star.
Die aus dem rheinland-pfälzischen Kirn stammende Kunstsammlerin hat in der südspanischen Kleinstadt ihr eigenes Museum für zeitgenössische Kunst eröffnet – und seitdem pilgern Tausende herbei.
Das «Museo de Arte Contemporáneo Helga de Alvear» der 85-jährigen Namensgeberin gilt als einer der internationalen Hotspots für zeitgenössische Kunst.
Seit der Eröffnung Ende Februar waren mehr als 70´000 Personen zu Gast – trotz limitierter Besucherzahlen. Im Sommer verzeichnete Cáceres dank des Museums eine Touristen-Rekordzahl.
Mit mehr als 3000 Werken internationaler Kunststars verfügt die Industrieerbin über eine der grössten privaten Kunstsammlungen Europas.
Die gebürtige Pfälzerin und Wahlspanierin, die seit 1957 in Madrid lebt und dort eine der renommiertesten Kunstgalerien des Landes führt, hat im Laufe der Jahrzehnte eine Kollektion zeitgenössischer Künstler aufgebaut, die ihresgleichen sucht.
Werke von Picasso und Ai Weiwei
Im Eingangsbereich wartet bereits einer der Höhepunkte: Auf dem Boden liegt der mit 60´000 Perlen gefertigte Kronleuchter «Descending Light», mit dem der chinesische Kunststar Ai Weiwei den untergehenden Kommunismus inszeniert.
Daneben hängen Werke des deutschen Fotografen Frank Thiel, der Pop-Kunstikone Damien Hirst und der Kolumbianerin Doris Salcedo.
Auf vier Etagen sind Werke vieler Künstler zu sehen, von Pablo Picasso über Louise Bourgeois bis hin zu Candida Höfer.
Auf die «richtige Hülle» für ihre Sammlung hat Helga de Alvear Wert gelegt – und sie eigens bauen lassen.
Schneeweisse Stahlbetonpfeiler bilden das offene Gerippe des würfelartigen Gebäudes, das über eine öffentlich benutzbare Treppenpromenade die mittelalterliche Altstadt mit der 24 Meter tiefer liegenden Neustadt verbindet.
Das Gebäude von Emilio Tuñón wurde mit zahlreichen Architekturpreisen ausgezeichnet.
Obwohl der Kontrast des modernen Kunstwürfels zur Altstadt grösser kaum sein könnte, fügt sich das Gebäude mit seinen klaren Linien und lichtdurchfluteten Räumen harmonisch in die Umgebung ein.
Eigentlich ist Cáceres – zumindest architektonisch – das Gegenteil von modern. Ein Gang durch die 1986 zum Unesco-Weltkulturerbe erhobene Altstadt kommt eher einer Zeitreise ins Mittelalter gleich.
Die dicken Stadtmauern mit den mächtigen Festungstürmen stammen noch von den arabischen Besetzern aus dem zwölften Jahrhundert.
Hinter dem imposanten Sternbogentor «Arco de la Estrella» breitet sich ein Labyrinth enger Gassen, Steintreppen, Arkadengänge, alter Kirchen und Klöster aus. Mehr als 40 Renaissancepaläste prägen den Stadtkern.
Auch die lokale Küche ist preisgekrönt
Neben dem «Museo de Arte Contemporáneo Helga de Alvear» lockt Cáceres auch mit vielen anderen Kulturattraktionen.
Dazu gehören das Stiftungsmuseum Mercedes Calles y Carlos Ballestero oder das Provinzmuseum im Palacio de las Veletas, in dessen Keller sich die weltweit zweitgrösste arabische Zisterne aus dem 15. Jahrhundert befindet.
Auch gastronomisch hat Cáceres einiges zu bieten – vor allem Schinken der schwarzen Ibérico-Schweine, die in den Steineichenwäldern ringsum weiden.
2015 wählte der Verband spanischer Hoteliers und Restaurantkritiker Cáceres zur spanischen Gastronomie-Hauptstadt des Jahres. Die Lokalküche sei ein Schmelztiegel arabischer, portugiesischer, spanischer und jüdischer Küche, so die Begründung.
Schnellzugverbindung von Madrid fehlt noch
Der deutsche Künstler Wolf Vostell entdeckte vor den Toren von Cáceres schon 1974 mitten in einem Naturpark ein altes Wollwaschhaus aus dem 18. Jahrhundert.
Dort errichtete er sein eigenes Museum, in dem heute seine Installationen aus Autos, Motorrädern, alten Fernsehern und Betonklötzen ausgestellt werden.
So sind es inzwischen schon zwei Deutsche, die helfen, Spaniens mittelalterliche Perle aus ihrem touristischen Dornröschenschlaf zu befreien. Damit das auch gelingt, muss die Schnellzugverbindung von Madrid fertig werden.
«Es kann nicht sein, dass so viele Menschen mein Museum und eine der schönsten Städte Spaniens nicht kennen lernen, nur weil ein Zug fehlt. Das habe ich auch König Felipe bei der Eröffnung gesagt», sagt Helga de Alvear.
Denn Spaniens Monarch war es, der Spaniens neuen Hotspot für Gegenwartskunst höchstpersönlich einweihte.