«The Irishman» schliesst mit dem Glamour der Mafia ab
Martin Scorsese hat für seinen neuesten Film mit Netflix zusammengespannt. «The Irishman» räumt mit der glanzvollen Darstellung des kriminellen Lebens auf.
Das Wichtigste in Kürze
- Robert De Niro spielt den Auftragsmörder Frank «The Irishman» Sheeran.
- Der 209 Minuten lange Film basiert auf einem Report eines Ermittlers.
- Pflichtstoff für jeden, der etwas mit Werken wie «Goodfellas» oder «Casino» anfangen kann.
Inzwischen alt und gebrechlich, schildert Frank Sheeran (Robert De Niro) im Altersheim seine Lebensgeschichte. Unter dem Spitznamen «The Irishman» war er als Auftragsmörder für den Mafioso Russell Bufallino (Joe Pesci) tätig.
Eines Tages erhält Sheeran den Auftrag, sich um den Gewerkschaftsführer Jimmy Hoffa (Al Pacino) zu kümmern.
«The Irishman» benötigt keinen Exzess, um zu überzeugen
Martin Scorsese erzählt erneut eine ausgedehnte Geschichte über die Mafia. Dem Thema widmete er sich bereits im Jahre 1973 in «Hexenkessel». «GoodFellas» (1990) und «Casino» (1995) machten das Publikum zu Zeugen des Exzesses.
Blutiges Handwerk wechselte sich mit einer temporeichen Inszenierung ab. Trotz aller inszenatorischer Überhöhung stellten diese Filme stets klar, dass das Leben als Krimineller äusserst gefährlich ist. Dazu benötigte es keinen moralischen Zeigefinger.
«The Irishman» verzichtet fast vollständig auf den Glamour von «Casino» und die Ausschweifungen der «GoodFellas». Hier wird die Gewalt nicht zelebriert, sondern unverblümt schnell hinter sich gebracht.
Die bewährten Stilmittel des renommierten Regisseurs finden sich dennoch häufig; auf Montagesequenzen, Zeitlupen und Kamerafahrten verzichtet Scorsese nicht. Allerdings ist dies eine deutlich trockenere Angelegenheit als beispielsweise «The Wolf of Wall Street». Langeweile kommt jedoch trotz einigen lang gezogenen Szenen nicht auf.
Das magische Dreieck: De Niro, Pacino und Pesci
Das zentrale Thema des Films dreht sich um Reue. Als Vorlage dient der Kriminalreport «I Heard You Paint Houses» des amerikanischen Ermittlers Charles Brandt.
Das Buch widmet sich dem Leben von Sheeran. Dessen Aussagen sind jedoch umstritten. Das kümmert Scorsese jedoch wenig.
Die erlesene Besetzung macht den Film zum Vergnügen. Neben den langjährigen Kollaborateuren De Niro und Pesci schaut auch Harvey Keitel in einer kleinen Rolle vorbei. Neu im Bunde ist Pacino, welcher zum ersten Mal mit Scorsese zusammenarbeitet.
Das Trio spielt ihre Rollen unterschiedlich. Pacino bringt mit seiner quirligen Art als Gewerkschaftsführer etwas Humor ins Ganze. De Niro hingegen hält sich zurück und lässt Blicke statt Worte sprechen. Die beste Leistung liefert Pesci, der auf seine eigene Art eine unterschwellige Bedrohlichkeit mitbringt.
Netflix verhilft zum glücklichen Ende
Die Hauptdarsteller wurden mittels Computer digital verjüngt, um ihre Figuren über mehrere Jahre hinweg mimen zu können. Dieses Verfahren stellte sich als kostspielig heraus.
Wegen dem Budget von über 150 Millionen US-Dollar wollte kein klassisches Studio den Film produzieren.
Schlussendlich stellte Netflix das Geld sowie die kreative Freiheit zur Verfügung. Nach einer längeren Vorgeschichte gibt es für die Beteiligten ein glückliches Ende.
Fazit
Mit «The Irishman» stellt Scorsese seine Klasse unter Beweis. Getragen wird das aufwendige Projekt von den Darstellern, die im gesetzten Alter zur Höchstform auflaufen. Trotz einer beachtlichen Laufzeit von knapp dreieinhalb Stunden fällt der Film kurzweilig aus.
An manchen Stellen verschwindet der inhaltliche Fokus etwas aus den Augen. Ein weiterer geringfügiger Schwachpunkt stellt die auffällige digitale Verjüngung der Hauptfiguren dar. Sie überzeugt nicht durchgehend, man gewöhnt sich schnell daran.
Ungeachtet der weltweiten Veröffentlichung auf Netflix handelt es sich bei «The Irishman» um grosses Kino der alten Schule.