Richter «Dr. Robert Lindner» - Hochstapler erneut verurteilt
Als Pilot, Arzt, Diplomat und Staatsanwalt «Tassilo von Hirsch» sorgte er bereits für Schlagzeilen. Nun hat der Hochstapler Marc G. als Richter «Dr. Robert Lindner» noch eins drauf gesetzt - und erneut eine Haftstrafe kassiert.
Das Wichtigste in Kürze
- Sein Vorstrafenregister wird immer länger: Er war schon Staatsanwalt, Arzt und Pilot.
Die Justiz kannte Marc G. bereits unter 38 verschiedenen Alias-Namen.
Nun kennt sie ihn auch als Richter «Dr. Robert Lindner», denn als jüngsten Coup hatte sich der notorische Hochstapler einen gefälschten Richterausweis mit diesem Namen und seinem Konterfei zugelegt, wie er am Dienstag gestand.
Das trug ihm vier weitere Monate Gefängnis ohne Bewährung ein - wegen «Verschaffens falscher amtlicher Ausweise». In der Hauptsache sprach Amtsrichterin Britta Brost den 33-Jährigen aber vom Vorwurf des schweren Betruges frei - was ihm eine weit höhere Strafe ersparte.
Allzu bereitwillig hatte ein früheres Opfer des notorischen und mehrfach vorbestraften Betrügers diesem erneut insgesamt 121.000 Euro überwiesen. In der verzweifelten Hoffnung, das viele Geld, das er an den Mann schon verloren hatte, endlich wiederzubekommen.
Nachdem er schon mehrfach Opfer des Mannes geworden sei, könne von Täuschung und Irrtum nicht mehr die Rede sein, so die Richterin. Er habe gewusst, auf wen er sich einliess, und ihm das Geld dennoch gegeben. «Das mag eine Riesensauerei sein, was Herr G. hier gemacht hat, aber strafrechtlich gesehen ist das kein Betrug», hatte sein Verteidiger Marc Françoise argumentiert - mit Erfolg.
«Das war sehr blauäugig von mir», sagte der Geldgeber als Zeuge und räumte ein, dass Marc G. nicht einmal einen schriftlichen Darlehensvertrag unterschrieben habe. Noch kurioser: Trotz des anstehenden Betrugsprozesses um seine 121.000 Euro hatte der Diplom-Ingenieur dem im Juli aus der Haft entlassenen Mann erst vor zwei Wochen erneut 35.000 Euro zukommen lassen.
«So schlecht kann kein Mensch sein», habe er sich immer wieder gesagt, berichtete der 57-Jährige. Nun, da er im Gefängnis gesessen und den «Schuss vor den Bug» bekommen habe, müsse er sich doch endlich geändert haben.
Er benötige natürlich eine Anschubfinanzierung, um beruflich Fuss zu fassen, hatte der einschlägig Vorbestrafte ihn glauben gemacht. «Aber dann kam ja die erneute Inhaftierung. Da konnte ich ihm die Raten natürlich nicht zahlen», sagte Marc G.. Inzwischen lebe er vom Erbe seiner Mutter und studiere «psychologische Beratung» im Fernstudium.
Vor zehn Jahren war der geltungsbewusste Realschüler und Aushilfskellner erstmals verurteilt worden. 2013 sprach ihn das Amtsgericht wegen 52 Fällen von Betrugs sowie wegen Titelmissbrauchs schuldig. Mal trat er als «Graf von Falkenstein» auf, mal als Facharzt «Dr. Dr. Petermeier».
So hatte er für sich und seine damalige Freundin jeweils einen Porsche bestellt, obwohl er nahezu mittellos war. Eine 6000 Euro teure Pilotenuniform sollte darüber hinwegtäuschen.
Der Fall des Hochstaplers in Piloten-Uniform erinnert an eine historische Vorlage: Frank W. Abagnale narrte als falscher Pilot halb Amerika und wurde in Hollywood von Leonardo DiCaprio im Film «Catch Me If You Can» (2002) in Szene gesetzt. Ob Marc G. sich von dem Streifen inspirieren liess? Immerhin taucht DiCaprio in Marc G.s Facebook-Auftritt auf.
Als überdurchschnittlich intelligent, aber auch selbstsüchtig und «gewissensarm» hatten Gutachter ihn beschrieben. Noch aus der Haft hatte er sich in Briefen an sein früheres Opfer gewandt und ihm die Rückzahlung des geliehenen Geldes versprochen: «Es tut mir leid, dass ich sie die ganzen Jahre belogen und betrogen habe.»
Zunächst ist das Opfer nicht angetan: «Sie haben mich und meine Familie ruiniert», erwidert der Betrogene barsch. Aber Marc G. lässt sich davon nicht entmutigen. Und er behält recht: Bald reicht nur eine WhatsApp, ein kurzer Anruf, und es fliessen weitere Tausende Euro. «Meine eigene Dummheit», sagt der Ingenieur.
Der Hochstapler verschonte früher sogar seine eigene inzwischen gestorbene Mutter nicht, wenn es darum ging, unter falschem Namen online zu shoppen. Für Telefonate mit Sex-Hotlines gab er die Bankdaten seines damaligen Rechtsanwalts an. Zu drei Jahren und neun Monaten Haft hatte das Düsseldorfer Landgericht den Ratinger 2016 verurteilt.
Als besonders verwerflich hatten Staatsanwältin und Gericht damals kritisiert, dass er eine Prostituierte per Flugzeug aus Berlin geordert hatte, um sie dann um Lohn und Spesen zu prellen. Mehrere Stunden war ihm das Callgirl mit verbundenen Augen zu Diensten.