Amokläufe in den USA nehmen wegen Corona zu
In den USA folgt Massaker auf Massaker – zuletzt tötete ein Jugendlicher 19 Kinder in Texas. Warum kommen solche Amokläufe immer häufiger vor?
Das Wichtigste in Kürze
- Am Dienstag ist es in Texas zu einem Massaker an einer Grundschule gekommen
- Erst vor zwei Wochen wurden in einem Supermarkt in New York zehn Menschen erschossen.
- Die Zunahme an Amokläufen lässt sich teilweise mit weltweiten Krisen erklären.
Am Dienstag kam es an einer Schule in Uvalde (USA) zum Massaker: Ein 18-Jähriger erschoss dabei 19 Kinder und zwei Erwachsene. Die Kinder waren zwischen sieben und elf Jahre alt. Und das ist nur der jüngste Fall in einer langen Reihe von Amokläufen in den USA.
Zuletzt wurden in New York mehrheitlich schwarze Menschen in einem Supermarkt erschossen. Im Dezember kam es in einer Schule zu einer Schiesserei mit vier Toten.
2021 nahm die Anzahl Amokläufe mit Schusswaffen gegenüber 2020 um knapp 50 Prozent zu. Alleine in Texas gab es 10 Massenschiessereien pro Woche. Warum wird die Liste dieser Verbrechen immer länger und länger – und warum passieren sie häufiger?
Claudia Brühwiler ist Politikwissenschaftlerin an der Universität St.Gallen und USA-Expertin. Sie erklärt sich den Anstieg so: «Es ist vorstellbar, dass die Covid-Krise Menschen mit psychischen Problemen zusätzlich belastete.»
Die leichte Verfügbarkeit von Waffen sowie gesellschaftliche Probleme und schwer verfügbare psychiatrische Behandlungen würden Amokläufe zusätzlich begünstigen.
Verschwörer wollen sich an anderen für Probleme rächen
Auch der Nachahmer-Effekt spiele eine grosse Rolle, erklärt Kriminalpsychologin Karoline Roshdi vom deutschen Institut für Psychologie und Bedrohungsmanagement. «Würden Täter von den Medien nicht dermassen in den Fokus gerückt – insbesondere mit Bildmaterial –, würde dies entschärfen».
Und auch sie sagt: «Globale Krisen wie die Corona-Pandemie haben einen Einfluss.» Denn Krisen könnten zu einem Kontrollverlust führen, «die Menschen werden empfänglicher für Verschwörungstheorien und Externalisierungen.» Letzteres bedeutet vereinfacht: «Täter geben anderen die Schuld für ihre Leiden und Probleme, wollen sich rächen.»
Schauplatz von Amokläufen sind auffällig oft Schulen. «Hier erreicht der Täter besonders viele Opfer und mediale Aufmerksamkeit.»
Jüngster Amoklauf dürfte nichts an Waffengesetz ändern
Der jüngste Fall aus Texas sorgt weltweit für Empörung. Kommt jetzt der grosse politische und gesellschaftliche Wandel, was Waffengesetze in den USA angeht? «Wohl kaum», so Brühwiler.
Bereits nach den Massenschiessereien von Parland und El Paso sollte der «grosse Wandel» kommen. «Stattdessen stellte die Bildungsministerin einen Plan vor, wie Lehrer und Schulen bewaffnet werden könnten.» Gleichzeitig habe die US-Waffenlobby keinerlei Interesse daran, etwas zu ändern.
Auch Roshdi schüttelt den Kopf: «Waffen gegen Waffen – das verhindert keine Taten, sondern ist reine Tat-Abwehr.» In den US-Regionen, wo am Schulklima gearbeitet werde, gebe es deutlich weniger Fälle von Schiessereien an Schulen. «Prävention wäre hier das A und O.»