Demokraten wollen Donald Trump sofort aus Amt entfernen
Die Demokraten wollen Donald Trump nach den Unruhen in Washington sofort aus dem Amt entheben. Auch einige Republikaner unterstützen die Forderung.
Das Wichtigste in Kürze
- Nach den Unruhen in Washington fordern die Demokraten die Absetzung von Donald Trump.
- Auch einige Republikaner im Abgeordnetenhaus stellen sich hinter die Forderung.
- Der wichtige republikanische Senator Lindsey Graham lehnt ein Impeachment jedoch ab.
Nach dem Sturm aufgebrachter Anhänger des abgewählten US-Präsidenten Donald Trump auf das Kapitol in Washington haben die führenden Demokraten im Kongress eine sofortige Absetzung des Republikaners gefordert.
Die Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, und der oberste Demokrat im Senat, Chuck Schumer, riefen den amtierenden US-Vizepräsidenten Mike Pence und Kabinettsmitglieder dazu auf, eine Amtsenthebung auf Basis des Zusatzartikels 25 der US-Verfassung anzustrengen.
Andernfalls könne der Kongress ein reguläres Amtsenthebungsverfahren anstossen, drohte Pelosi - es wäre bereits das zweite für Trump. Auch einzelne Republikaner sprachen sich dafür aus, Trump vorzeitig abzusetzen.
Kommt das zweite Impeachment gegen Trump?
Trump hatte sich in seiner Amtszeit bereits einem regulären Amtsenthebungsverfahren im Kongress stellen müssen: Im vergangenen Februar war er dabei von der Mehrheit seiner Republikaner im Senat freigesprochen worden. Trump wäre der erste US-Präsident, der sich zwei solcher Verfahren stellen müsste. Die Aktivierung des 25. Verfassungszusatzes wiederum gab es noch nie.
Pelosi bezeichnete Trump als «gefährlichen Mann» und warnte, er könne in seinen verbleibenden Tagen im Amt weiteren grossen Schaden anrichten. «Es sind zwar nur noch 13 Tage, aber jeder Tag kann eine Horrorshow für Amerika sein.»
Auch Schumer mahnte: «Dieser Präsident sollte keinen Tag länger sein Amt behalten.» Er machte Trump schwerste Vorwürfe mit Blick auf die Ausschreitungen vom Mittwoch: «Was gestern im US-Kapitol passiert ist, war ein Aufstand gegen die Vereinigten Staaten, aufgehetzt durch den Präsidenten.»
Der designierte US-Präsident Joe Biden bezeichnete den gewaltsamen Sturm des Kapitols als «einen der dunkelsten Tage in der Geschichte» der Vereinigten Staaten. Die Angreifer seien keine Demonstranten gewesen, sondern «inländische Terroristen».
In die Entscheidung des aktuellen Regierungskabinetts über eine Amtsenthebung will sich der Demokrat aber nicht einmischen. In einer Mitteilung hiess es, Biden und dessen künftige Vizepräsidentin Kamala Harris seien auf ihre Pflicht fokussiert: die Vorbereitung des Machtübergangs zur Vereidigung am 20. Januar.
Mit Zusatzartikel 25 könnte Trump schnell abgesetzt werden
US-Medien hatten am Mittwochabend (Ortszeit) berichtet, einzelne Kabinettsmitglieder hätten bereits eine Enthebung des Präsidenten nach Artikel 25 diskutiert.
Neben einem regulären Amtsenthebungsverfahren, wie es Trump bereits wegen Vorwürfen des Machtmissbrauches in der Ukraine-Affäre über sich ergehen lassen musste, gibt es einen schnelleren Weg, einen US-Präsidenten aus dem Amt zu entfernen: Zusatzartikel 25 der Verfassung erlaubt es, den Präsidenten für «unfähig, die Rechte und Pflichten des Amtes auszuüben» zu erklären.
Eine solche Erklärung müssen Vizepräsident und eine Mehrheit der wichtigsten Kabinettsmitglieder vornehmen und dies dann dem Kongress mitteilen. Ein Rechtsgutachten aus dem Jahr 1985 interpretierte 15 Ministerposten als Teil dieser Gruppe.
Legt der Präsident Widerspruch ein, müssen die beiden Kammern im Kongress - der Senat und das Repräsentantenhaus - mit einer Zweidrittelmehrheit der Amtsenthebung zustimmen. Es bräuchte grosse Teile der Republikaner im Kongress, um diese Mehrheiten zu erreichen.
In der Geschichte der USA ist dieser Abschnitt noch nie zur Anwendung gekommen. Rechtsexperten gingen bisher davon aus, dass er vor allem bei körperlichen oder geistigen Gesundheitsnotfällen des Präsidenten eingesetzt werden könnte. In Trumps Amtszeit wurde die Möglichkeit aber auch häufiger bei inhaltlichen Kontroversen diskutiert.
Auch erste Republikaner fordern Absetzung von Trump
Als erster republikanischer Abgeordneter forderte Adam Kinzinger, der Trump zuletzt wiederholt kritisiert hatte, den Präsidenten mit Hilfe des Verfassungszusatzes des Amtes zu entheben. Das Kabinett und der Vizepräsident müssten handeln, um «diesen Alptraum» zu beenden. Anstatt Amerika zu beschützen, habe Trump die Gewalt angestachelt.
Auch der republikanische Gouverneur von Maryland, Larry Hogan, unterstützte dies. «Ich denke, es steht ausser Frage, dass Amerika besser dran wäre, wenn der Präsident zurücktreten oder aus dem Amt entfernt würde», sagte Hogan am Donnerstag. «Genug ist genug. Genug der Lügen. Genug des Hasses. Genug von der totalen Dysfunktion.»
Der wichtige republikanische US-Senator Lindsey Graham lehnt ein Amtsenthebungsverfahren Trump nach Zusatz 25 der US-Verfassung jedoch ab. «Ich finde das zum jetzigen Zeitpunkt nicht angemessen», sagte der Senator aus South Carolina am Donnerstag in Washington.
Graham, der lange Zeit besonders loyal zu Trump stand, hatte nach den Krawallen am Mittwoch mit ihm gebrochen und wiederholte am Donnerstag seine Kritik. «Der Präsident muss verstehen, dass sein Handeln das Problem war, nicht die Lösung», sagte er.
Auch andere Republikaner warfen Trump offen vor, er habe den Gewaltausbruch angezettelt. Als erstes Kabinettsmitglied verkündete Verkehrsministerin Elaine Chao ihren Rücktritt als Reaktion auf die Krawalle. Chao ist die Ehefrau des Mehrheitsführers der Republikaner im US-Senat, Mitch McConnell.
Auch Trumps früherer Stabschef Mick Mulvaney trat aus Protest vom Posten des Nordirland-Beauftragten zurück. Der stellvertretende Nationale Sicherheitsberater Matt Pottinger schmiss ebenfalls hin.