Donald Trump beschimpft Selenskyj – das steckt dahinter
US-Präsident Donald Trump bezeichnet seinen ukrainischen Amtskollegen Wolodymyr Selenskyj als «Diktator». Experten sehen darin auch eine Art späte Rache.
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Das Wichtigste in Kürze
- Viele wundern sich über den scharfen Ton, mit dem sich Trump an Selenskyj wendet.
- Die negativen Aussagen könnten persönlich statt politisch bedingt sein, sagen Experten.
- Seit dem ersten Impeachment habe Trump mit dem Ukraine-Präsidenten eine Rechnung offen.
Mit seinen Äusserungen über Wolodymyr Selenskyj sorgt US-Präsident Donald Trump für Überraschung. In einem Post auf Truth Social hat er den ukrainischen Präsidenten als «Diktator» bezeichnet.
Zuvor forderte Trump auch schon Neuwahlen in der Ukraine. Angesichts der Kriegssituation eine «absurde» Forderung, sagen Experten. Und auch Selenskyj konterte die Vorwürfe aus Washington.
Die neuste Eskalation folgt auf die Ukraine-Gespräche, die Anfang Woche in Riad, Saudi-Arabien, stattfanden.
Trump wird Putin-Sympathie nachgesagt
Die USA verhandelten direkt mit dem Kreml – ohne Beteiligung Kiews. Trump wird zudem schon lange eine gewisse Sympathie zu Wladimir Putin nachgesagt.
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Dennoch überrascht vor allem die Schärfe von Trumps Aussagen über Selenskyj.
Der Begriff «Diktator», der Verweis auf angeblich tiefe Beliebtheitswerte oder die Schuldzuweisung bezüglich des Ukraine-Kriegs: Das alles erinnert eher an das russische als an das bisher vorherrschende US-amerikanische Narrativ.
Geht es Donald Trump um private Abrechnung?
Die «bösen Worte» Trumps müssen aber nicht zwingend rein politische Gründe haben. Laut Experten könnte es auch um eine persönliche Abrechnung mit Selenskyj gehen.
Politikwissenschaftlerin Jana Puglierin verweist in der ZDF-Sendung «Markus Lanz» auf das angespannte Verhältnis in der ersten Amtszeit Trumps.
Sie erklärt: «Wir dürfen nicht vergessen, dass Selenskyj eine wesentliche Rolle dabei gespielt hat, dass das erste Amtsenthebungsverfahren gegen Trump geführt wurde.»
Trump wurde damals im Jahr 2019 vorgeworfen, sein Amt missbraucht zu haben. Er soll Selenskyj unter Druck gesetzt haben, Ermittlungen einzuleiten, die seinem Wahlgegner Joe Biden schaden würden. Konkret betraf dies die Affäre um Joes Sohn Hunter Biden.
Donald Trump machte die Gewährung der US-Militärhilfen für die Ukraine demnach von diesen Ermittlungen abhängig.
Sprich: Der Republikaner soll sein Amt für den eigenen Wahlkampf missbraucht haben.
«Niemand kann mich unter Druck setzen, weil ich der Präsident eines unabhängigen Landes bin», sagte Selenskyj nach dem Telefonat. Dennoch geriet Trump wegen des Gesprächs in Erklärungsnot.
Aus dieser Zeit gebe es immer noch «einen Groll», den Trump gegenüber Selenskyj hegt, so Puglierin bei «Markus Lanz». «Er macht Selenskyj dafür verantwortlich, dass es da dieses Impeachment gab.»
Trump bewundert Putin
«Da ist was dran», gibt Elmar Thevessen, ZDF-Korrespondent in Washington, der Politikwissenschaftlerin recht.
Auf die Frage nach einer offenen Rechnung sagt er zudem: «Ja, die gibt es.»
Donald Trump sehe eine offene Rechnung mit den Europäern, aber nicht mit Russland. Den Kremlchef Wladimir Putin würde der US-Präsident stattdessen bewundern, so Thevessen.
Sogar Republikaner sind schockiert
Übrigens: Dass Trump so heftig gegen Selenskyj schiesst, sorgt sogar in seinen eigenen Reihen für Kritik. Gerade unter Republikanern, die in der Zeit aktiv waren, als die USA den Kalten Krieg gewannen.
Der Grundtenor unter ihnen: Trump gefährdet die transatlantische Allianz – und kehrt die Russland-Politik der USA um.
Kritik übt beispielsweise Ken Adelman (78), Ex-US-Botschafter bei den Vereinten Nationen. «Es macht mich krank, was da gerade passiert», teilte er mit.
Präsident Reagan habe gesagt, «reissen Sie diese Mauer ein, Herr Gorbatschow». Trump dagegen signalisiere Russland: «Sie können machen, was Sie wollen, Herr Putin.»