Donald Trump: Deshalb schaffen USA keine Reform des Wahlsystems
Das Wichtigste in Kürze
- Trotz weniger Stimmen als ihre Gegner wurden bereits fünf US-Präsidenten gewählt.
- Grund ist ein veraltetes Wahlsystem, das kleinere Staaten bevorteilt.
- Die Hürde einer Reform des Wahlsystems scheint derzeit aber unüberwindbar.
Streit ums Weisse Haus: Nach den Wahlen von vor einer Woche steht der Gewinner zwar fest. Doch die Präsidentschaft von Joe Biden ist noch nicht in Stein gemeisselt, denn: Noch-Präsident Donald Trump will gegen das Resultat rechtlich vorgehen. Er sieht sich um seine Wiederwahl betrogen.
Vor vier Jahren stand zu diesem Zeitpunkt der Sieger längst fest. Und es war die Überraschung schlechthin: Allen Erwartungen zum Trotz wurde der Milliardär Donald Trump 45. US-Präsident. Und dies, obwohl er weniger Stimmanteile machte als seine Kontrahentin Hillary Clinton.
Donald Trump erhielt weniger Stimmen als Clinton
Clinton erreichte fast 66 Millionen Stimmen, Donald Trump lediglich knapp 63 Millionen. Dass im Januar 2017 dennoch Trump als Präsident inauguriert wurde, liegt am «The winner takes it all»-Prinzip. Heisst: Der Sieger bekommt alles. In 48 der 50 US-Bundesstaaten werden die Elektorenstimmen nur so vergeben.
Erreicht ein Kandidat in einem Bundesstaat nur eine Wählerstimme mehr als sein Gegner, gehen alle Elektorenstimmen an den Gewinner. Derjenige Kandidat, der insgesamt 270 Elektorenstimmen erreicht, wird Präsident. In den USA wurden bisher fünf Präsidenten nur dank des «The winner takes it all»-Prinzips gewählt. Zuletzt schaffte es eben Donald Trump so ins Amt.
Nicht jede Stimme zählt gleich
Das System ist hoch umstritten, denn es verzerrt das Prinzip «jeder Wähler eine Stimme». So ist etwa als republikanischer Wähler in der Demokraten-Hochburg Kalifornien abstimmen zu gehen, praktisch obsolet.
Stimmen in den Swing States hingegen können Match-entscheidend sein. Im Jahr 2000 entschieden lediglich paar wenige hundert Wählerstimmen in Florida, dass George W. Bush nächster Präsident der Vereinigten Staaten wurde.
Hinzu kommt, dass jeder Staat so viele Wahlleute benennen darf, wie er Abgeordnete in beiden Kammern des Kongresses hat. Da unabhängig von der Bevölkerungszahl jeder einzelne Staat zwei Senatoren (analog Ständerat) bestimmt, werden die bevölkerungsarmen Staaten somit bevorzugt.
Warum keine Reform?
In den letzten zweihundert Jahren wurden im US-Kongress über siebenhundert Vorschläge eingebracht, um das Wahlsystem zu reformieren. Und auch aktuell empfindet eine Mehrheit der Amerikaner laut mehrfachen Umfragen das System mit den Elektorenstimmen als ungerecht. Sie wünschen sich eine Direktwahl des Präsidenten. Dennoch scheint eine Überarbeitung des zuletzt 1804 reformierten Prozedere mit den Elektoren in weiter Ferne.
Denn die Hürden für eine Verfassungsänderung in der «ältesten Demokratie der Welt» sind hoch. Um sie zu ändern, müssten 38 der 50 Bundesstaaten zustimmen. Zudem bräuchte es im US-Kongress eine Zwei-Drittel-Mehrheit. Zuletzt gelang dies 1992 – es ging um die Gehälter der Kongressmitglieder.
Eine Verfassungsreform scheint in der aktuellen Konstellation unmöglich. Insbesondere, da die Republikaner vom traditionellen Elektoren-Wahlsystem profitieren, weshalb für die Partei kaum Anreize bestehen, dies zu ändern.
Wahrscheinlicher ist darum eine Reform auf Staaten-Ebene. Denn das «The winner takes it all»-Prinzip ist nicht in der Verfassung vorgeschrieben. Bei der ersten US-Wahl 1789 wurde es beispielsweise nur in drei Staaten angewendet.
Reform auf Staaten-Ebene?
16 Bundesstaaten haben bisher den «National Popular Vote Interstate Compact» unterschrieben. Der Pakt sieht vor, dass die Elektorenstimmen allesamt an denjenigen Kandidaten gehen, welcher USA-weit am meisten Stimmen erreicht hat. So würden schliesslich dennoch alle Stimmen landesweit gleich gewichtet.
Doch damit dieser Pakt umgesetzt wird, müsste er von so vielen Staaten unterzeichnet werden, die zusammen mindestens 270 Elektorenstimmen erreichen. Dafür benötigt es den Beitritt einiger republikanisch dominierten Staaten. Bekanntlich haben diese aber wenig Anreiz auf eine Direktwahl des Präsidenten.
So kann davon ausgegangen werden, dass auch in vier Jahren das Präsidentenamt mit dem gängigen Wahl-System vergeben wird.