Ist Donald Trump bereits Diktator?
Er tut was er will: Donald Trump erfüllt bereits viele der gängigen Kriterien für eine Diktatur.

Das Wichtigste in Kürze
- US-Präsident Donald Trump ignoriert einen Entscheid des Obersten Gerichtshofs.
- Damit sei die Verfassungskrise Tatsache, heisst es in US-Medien.
- Doch auch weitere Punkte deuten auf einen schleichenden Übergang zur Diktatur hin.
Er werde «nur» am ersten Tag Diktator sein, sagte Donald Trump vor seiner Wahl in einem Interview bei Fox News.
Mittlerweile finden verschiedene Exponenten in den USA, dieser Tag dauere nun schon etwas lange. Beziehungsweise, sie sehen Anzeichen, dass die Demokratie in den Vereinigten Staaten je länger je mehr diktatorische Züge annimmt.
Trump-Regierung ignoriert das oberste Bundesgericht
Als prominentes Beispiel für die Machtkonzentration im Weissen Haus dient oft der Fall von Kilmar Ábrego García.
Der aus El Salvador eingewanderte Familienvater wurde fälschlicherweise ins berüchtigte Mega-Gefängnis Cecot in El Salvador ausgeschafft. Dass ein Irrtum vorliege, geben mittlerweile die zuständigen Behörden zu.

Zuvor hatte allerdings ein Gericht die Deportation untersagt – die Trump-Leute zogen sie dennoch durch. Doch auch der Supreme Court, das oberste Bundesgericht verordnete: Kilmar Ábrego García muss zurückgeholt werden.
In einem seltenen 9-zu-0-Entscheid – bei sechs republikanischen Gerichtsmitgliedern, drei davon von Trump selbst eingesetzt.
Doch die Trump-Regierung ignorierte den Gerichtsentscheid einfach. Auf Nachfrage lieferte sie immer wieder andere, unterschiedlich fadenscheinige Rechtfertigungen.
Mal war El Salvador das Problem, mal die Beweislage falsch gewürdigt, mal das Gericht für solche «aussenpolitische» Dinge nicht zuständig.
«Präsidiale Gesetzlosigkeit»: Donald Trump als Diktator?
Für die Zeitung «The Atlantic» ist klar: Die Verfassungskrise droht nicht nur, sie ist schon da. Die Missachtung eines Entscheids des Obersten Gerichtshofs durch die Trump-Regierung stelle einen «neuen Schritt in Richtung präsidialer Gesetzlosigkeit» dar.
Es sei zu vermuten, dass die Regierung auch künftig nach eigenem Gutdünken unliebsame Gerichtsbeschlüsse ignorieren werde.

Das wiederum sei für die ganze Bevölkerung relevant, denn was die Regierung Ábrego García antue, könne sie jedem antun. Denn rein juristisch sei man auf der gleichen Stufe, findet auch Chris Murphy, demokratischer Senator aus Connecticut.
«Ábrego García war legal in den USA, wie wir alle auch.» Trumps lautes Gedankenspiel, künftig auch US-Bürger auszuschaffen, erscheint so umso beängstigender.
König Trump
Chris Murphy verbreitet auch noch eine andere Theorie: Dass der ganze Zollstreit nur dazu diene, die Demokratie zusammenbrechen zu lassen. Denn nun müssten die Unternehmen, Branche um Branche, Trump um Erleichterungen bitten.
Trump benehme sich wie die britischen Könige, die mittels Steuerpolitik Loyalität belohnten und Widerspruch bestraften.

Ein analoges Muster zeigt sich bei den Universitäten: Denen werden Gelder gestrichen, wenn sie nicht kuschen und ihre Lehrpläne so anpassen, dass sie Trump genehm sind. Oder wenn sie weiterhin freie Meinungsäusserung in Form von Demonstrationen auf dem Uni-Gelände erlauben.
Schleichender Übergang von Demokratie zur Diktatur
Dass die Verfassungskrise in den USA schon Tatsache ist, ist dort in breiten Kreisen die vorherrschende Meinung.
Aber ist Donald Trump nun schon ein Diktator? Viele Kriterien scheinen jedenfalls zumindest teilweise erfüllt zu sein.

Die Machtkonzentration, die Ausschaltung des Parlaments vollzieht Trump mit seinen Hunderten von Dekreten.
Die Kontrolle der Justiz erkennt man wie erwähnt am Ignorieren von Entscheiden und offenen Drohungen gegen Trump-kritische Richter.
Ein weiteres Merkmal von Diktaturen ist die Änderung von Wahlgesetzen: Das hat Elon Musk indirekt in Wisconsin (vergeblich) versucht und Trump selbst würde am liebsten eine dritte, verfassungswidrige Amtszeit anhängen.
Vieles entzieht die Trump-Regierung auch jeglicher Kontrolle oder Überwachung, vor allem via Elon Musks DOGE und Massenentlassungen bei Regulierungsbehörden.
Im Namen der Effizienz saugt DOGE bei Behörden massenhaft Daten ab. Auch solche, die datenschützerisch heikel sind und nichts mit Effizienz zu tun haben.
Danach werden offenbar fein säuberlich die Logfiles der eigenen Tätigkeit gelöscht.

Kaum jemand wird bestreiten, dass es um Donald Trump einen Personenkult gibt, wie ihn auch Diktatoren von ihren Untertanen verlangen.
Dass er ein Problem mit der Meinungs- und Pressefreiheit hat, weiss die Welt schon seit einem Jahrzehnt: Wer wettert denn dauernd gegen «Fake News» der ihn kritisierenden Medien? Und wer tut nichts gegen die Fake News aus Russland, die gemäss aktueller Studie jeder dritte US-Bürger glaubt?
Wer ein echter Diktator werden will, sollte auch Gesetze umschreiben lassen und mit Notstandsgesetzen regieren.
Auch das tut Donald Trump bereits: Er deklarierte einen Nationalen Notstand und die illegale Einwanderung als «Invasion».
Damit konnte er die Armee im Landesinnern einsetzen mit Aufgaben, die eigentlich eher Strafverfolgungsbehörden ausführen sollten.
Gerichtsentscheid gegen Trump schwierig durchzusetzen
«Er kann jeden einsperren oder abschieben. Wir werden keine Demokratie mehr sein», warnt Senator Murphy. Solcherlei dürfe nicht der Normalfall werden – also müsste man etwas dagegen tun.

US-Bundesrichter James Boasberg, der die Abschiebung von Kilmar Ábrego García untersagt hatte, hätte da einen Vorschlag: Er sieht einen hinreichenden Anfangsverdacht für ein mögliches Strafverfahren wegen Missachtung des Gerichts gegen Mitglieder der Trump-Regierung.
Doch was passiert, wenn Donald Trump die Gerichte einfach weiterhin ignoriert?
Eigentlich gibt es in solchen Fällen verschiedene Eskalationsstufen bis hin zu den US-Marshals. Deren Aufgabe ist es, Gerichtsbeschlüsse von Bundesgerichten durchzusetzen.
Nur: Der «United States Marshal Service» ist eine Behörde des Justizministeriums, und dieses wird von Donald Trump kontrolliert.
Nur Donald Trump könnte gegen Donald Trump vorgehen
Gemäss dem New Yorker «Brennan Center for Justice» war der letzte grosse Fall von Missachtung des Bundesgerichts in den 50er-Jahren.
Der Oberste Gerichtshof hob die Rassentrennung an Schulen auf, wogegen Gouverneure von Südstaaten rebellierten.
Entgegen seinen eigenen Überzeugungen schickte Präsident Dwight Eisenhower schliesslich die Armee, um den Entscheid durchzusetzen: «Der Oberste Gerichtshof hat entschieden, und ich habe geschworen, den verfassungsmässigen Prozess in diesem Land aufrechtzuerhalten, und ich werde gehorchen.»

Eine solche Option bietet sich 2025 nicht an: Donald Trump ist selbst Oberbefehlshaber der Armee.
Dem «Brennan Center for Justice» bleibt nicht viel anderes, als mit dieser Bemerkung zu schliessen: «Die Bemühungen der Gouverneure, sich gerichtlichen Anordnungen zu widersetzen, gelten weithin als eine der beschämendsten Perioden der US-Geschichte.»