Donald Trump: Obama-Koalition und Corona spielen im Wahlkampf mit
Mit dem Rückzug von Bernie Sanders ist Joe Biden de facto Herausforderer von Donald Trump im November. Er kann ihm gefährlich werden - auch dank Corona.
Das Wichtigste in Kürze
- Bernie Sanders macht bei der US-Präsidentschaftskandidatur den Weg frei für Joe Biden.
- Professor James W. Davis rechnet Biden bessere Chancen aus als noch Hillary Clinton.
- Um Trump wirklich zu konkurrenzieren brauche es vor allem Einigkeit bei den Demokraten.
Gestern Mittwoch gab das Wahlkampfteam von Bernie Sanders den Rückzug der Präsidentschaftskandidatur des demokratischen Senators aus Vermont bekannt. Nach eigenen Angaben glaubte Sanders nicht mehr an eine Möglichkeit, Herausforderer Joe Biden einzuholen.
Bernie Sanders is OUT! Thank you to Elizabeth Warren. If not for her, Bernie would have won almost every state on Super Tuesday! This ended just like the Democrats & the DNC wanted, same as the Crooked Hillary fiasco. The Bernie people should come to the Republican Party, TRADE!
— Donald J. Trump (@realDonaldTrump) April 8, 2020
Die Entscheidung, seine Bewerbung zu beenden, sei ihm nicht leichtgefallen, sagte Sanders in einer Videobotschaft. Damit macht er Joe Biden den Weg frei, den amtierenden Präsidenten Donald Trump bei den Wahlen im November herauszufordern.
Sanders vielen zu radikal
Der radikale Sanders vertritt eine klar linke Agenda, fordert etwa eine Krankenversicherung für alle oder eine höhere Besteuerung der Reichen. Was Sanders abhob, war aber gleichzeitig sein Untergang.
Denn für viele Amerikaner sind seine sozialistischen Visionen vor allem Utopien. Schön, wenn man sie sich vorstellt, aber in der Realität der amerikanischen Zwei-Parteien-Politik nicht umsetzbar.
James W. Davis, Direktor des Instituts für Politikwissenschaft der HSG und selber Amerikaner, ist nicht überrascht über den Rückzug.
«Es ist Sanders nie gelungen eine breite Koalition zu schmieden. Zwar hat er eine sehr mobilisierte Basis. Aber die Mehrheit der Demokraten und Amerikaner sind in der Mitte des politischen Spektrums zu holen.»
Corona statt Impeachment zentral
Joe Biden hingegen habe es geschafft, einen Teil der alten Obama-Koalition wiederherzustellen. Also Arbeiterfamilien, Afroamerikaner, gut ausgebildete Leute in den Grossstädten sowie die Mittelschicht in den Vororten.
«Da die Parteifunktionäre Angst vor einer Nominierung von Sanders hatten, haben sie sich schnell hinter Biden gestellt. Jetzt muss er das erreichen, was Hillary Clinton nicht konnte. Nämlich den Sanders-Wählern den Weg in seine eigene Koalition schildern.»
Dass den Demokraten dass Impeachment-Debakel bei den Wahlen im November um die Ohren fliegt, glaubt Davis nicht. «Impeachment? Wer erinnert sich an das Impeachment-Verfahren – Oder die Vorwürfe gegen Hunter Biden? Wir werden uns stattdessen lange mit Corona beschäftigen.»
Das Management von Donald Trump in der Krise erhält vom Politikwissenschafts-Professor die Note «miserabel». Gleichzeitig dominiere er aber die Medienberichte.
«Je mehr die Amerikaner vom Coronavirus betroffen sind, umso mehr werden sie verstehen. Dass das Land vergleichsweise schlecht vorbereitet und ihr Präsident überfordert war. Das ist ein Thema, bei dem die Demokraten bei den WechselwählerInnen Punkten können. Ironischerweise war das ein zentrales Thema von Bernie Sanders!»
Demokraten-Einigkeit sollen vier weitere Jahre Donald Trump verhindern
Für einen Sieg gegen Trump brauche es jetzt vor allem eines: Einigkeit in der eigenen Partei. «Derzeit steht Biden in den meisten Umfragen mit einem kleinen Vorsprung vor Donald Trump. Aber die nationalen Umfragen können das Bild verzerren, denn man gewinnt in den einzelnen Bundesstaaten.»
«Pennsylvania, Wisconsin, Michigan, das werden die wichtigsten Orte sein. Gewinnt er in diesen Bundesstaaten, wird er im Januar Präsident», ist sich Davis sicher.
«Ich denke Biden hat dort bessere Chancen als Clinton vor vier Jahren. Zum einen geniesst er hohe Popularität unter den Afroamerikanern, bei denen die Wahlbeteiligung 2016 niedrig war. Zum anderen kommt er bei den Arbeitern in den Fabriken in Pittsburgh, Detroit und Milwaukee besser an als Hillary Clinton.»