Der israelische Justizausschuss wird heute wohl die Justizreform ans Parlament übermitteln. Weiterhin gehen Zehntausende dagegen auf die Strassen.
Israelis protestieren in Tel Aviv gegen die Pläne der Regierung von Premierminister Netanjahu, das Justizsystems zu reformieren.
Israelis protestieren in Tel Aviv gegen die Pläne der Regierung von Premierminister Netanjahu, das Justizsystems zu reformieren. - Oded Balilty/AP/dpa

Das Wichtigste in Kürze

  • Israels Justizausschuss stimmt heute über die Justizreform ab.
  • Nach der erwarteten Annahme wird sie ans Parlament weitergeleitet.
  • Gegen das Vorhaben gibt es grosse Proteste, Ärzte kündigten einen Warnstreik an.
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Israels Regierung will trotz massiver Proteste im Land die Justizreform weiter vorantreiben. Bereits am kommenden Sonntag könnte ein wichtiger Teil des umfassenden Gesetzesvorhaben im Parlament verabschiedet werden. Medienberichte zufolge will die Regierung dazu eine Sondersitzung einberufen.

Zuvor soll der Justizausschuss voraussichtlich heute den Gesetzentwurf billigen und der Knesset übermitteln. Gestern hatte das Gremium dazu nach tagelangen Beratungen die Abstimmung über mehrere Tausend Vorbehalte aus der Opposition begonnen. Es wird erwartet, dass keiner der Änderungsvorschläge angenommen wird und der Gesetzestext dann im Anschluss dem Parlament übermittelt wird.

Israel
Israeli protestieren gegen die Justizreform. - keystone

Bis tief in Nacht waren Zehntausende Israelis gegen das umstrittene Vorhaben der Regierung auf die Strasse gegangen. Medienberichten vom frühen Morgen zufolge wurden Dutzende Demonstranten landesweit festgenommen.

Die israelische Ärztevereinigung kündigte für den Morgen einen zweistündigen Warnstreik an. Zudem sind laut Organisationen bis zur möglichen Abstimmung im Parlament weitere Kundgebungen und Störaktionen geplant. Die Protestbewegung umfasst weite Teile der israelischen Gesellschaft. Insbesondere aus dem Militär nimmt der Druck auf die Regierung massiv zu.

Herzog hält Rede vor US-Kongress

Israels Präsident hatte gestern bei einer Begegnung mit US-Präsident Joe Biden in Washington versucht, den wichtigsten Verbündeten zu beruhigen. «Die israelische Demokratie ist solide, stark und unverwüstlich», sagte Izchak Herzog. Zugleich bezeichnete er die innenpolitische Lage in Israel als «Krise», aus der er einen Ausweg suche.

Das Weisse Haus teilte im Anschluss an das Treffen mit, Biden und Herzog hätten über die Notwendigkeit eines «konsensorientierten Ansatzes» mit Blick auf die Justizreform gesprochen.

Izchak Herzog
Izchak Herzog im Gespräch mit Joe Biden. - keystone

Biden habe in dem Gespräch auch betont, dass er weiterhin die Zweistaatenlösung als den «besten Weg» zu einem dauerhaften und gerechten Frieden im israelisch-palästinensischen Konflikt erachte. Zudem halte Biden zusätzliche Massnahmen für notwendig, um die Sicherheits- und die wirtschaftliche Lage im Westjordanland zu verbessern. Damit sollen auch Terroranschläge verhindert werden.

Heute ist eine Rede Herzogs vor dem US-Kongress geplant. Er ist nach seinem Vater, Chaim Herzog, der zweite israelische Präsident, der vor dem Kongress spricht. Die Rede findet anlässlich des 75-jährigen Bestehens des Staates Israels statt. Am Abend will Herzog dann mit US-Vizepräsidentin Kamala Harris im Weissen Haus zusammenkommen. Es wird erwartet, dass das umfassende Gesetzesvorhaben der Netanjahu-Regierung erneut Thema sein wird.

Umstrittene Pläne

Mit dem jüngsten Gesetzentwurf soll es dem Höchsten Gericht etwa nicht mehr möglich sein, Entscheidungen der Regierung oder einzelner Minister als «unangemessen» zu bewerten.

Anfang des Jahres hatte das Höchste Gericht die Ernennung des Vorsitzenden der Schas-Partei, Arie Deri, zum Innenminister wegen dessen krimineller Vergangenheit als «unangemessen» eingestuft. Daraufhin musste Netanjahu seinen Vertrauten entlassen.

Beobachter erwarten, dass die Koalition dies mit dem neuen Gesetz wieder rückgängig machen will. Kritiker befürchten zudem, dass es zu willkürlichen Entlassungen von Gegnern der Regierungspolitik in entscheidenden Positionen kommen könnte.

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