Klimawandel: Forscher wollen Küsten mit Stromstössen retten
Um Küsten vor Erosion durch den Klimawandel zu schützen, haben Forschende eine neue Idee ins Spiel gebracht. Sie wollen Stromstösse einsetzen.
Das Wichtigste in Kürze
- Durch den Klimawandel verursachte Küstenerosion ist ein grosses Problem.
- Nun tüfteln Forscher an einer günstigen Schutzmassnahme.
- Helfen sollen Sand, Meerwasser und Schwachstrom.
Der fortschreitende Klimawandel bedroht nicht nur den Wasserhaushalt des Planeten und Gletscher. Auch die Küsten weltweit sind betroffen.
Durch den immer weiter ansteigenden Meeresspiegel und die starken Stürme an und vor den Küsten wird immer mehr Land abgetragen.
Die Folge: Häuser, Strassen und Bahnlinien, die nahe am Meer gebaut sind, drohen ins Wasser zu stürzen!
Massnahmen gegen Küstenerosion oft wirkungslos
Dagegen wird vieles getan – der Erfolg der Massnahmen gegen den Klimawandel ist aber nicht durchschlagend.
«Viele dieser massiven Eingriffe können sehr teuer sein. Sie lassen sich kaum rückgängig machen», sagt Alessandro Rotta Loria gegenüber dem «Spiegel».
Er ist Professor für Bau- und Umweltingenieurwesen an der Northwestern University in Evanston, einem Vorort von Chicago. Seinen PhD machte er an der ETH in Lausanne.
Zusammen mit Forschungskollege Steve Jacobsen und einem Doktoranden tüftelt er an einer Methode zum Schutz von durch Klimawandel bedrohten Küsten. Diese soll preisgünstiger, umweltschonender und vor allem umkehrbar sein.
Man könne Küstenlinien mit natürlichen Tricks reparieren. Das sei eine bessere Variante, als Beton am Meer zu deponieren, erklärt Rotta Loria.
Muscheln und Meeresschnecken als Inspiration
Inspiration für die Idee von Rotta Loria und Mineraloge Jacobsen kam von Muscheln und Meeresschnecken. Genauer von ihren harten Schalen.
Denn diese entwickeln ihr stabiles Gehäuse, indem sie aus dem Meerwasser Kalziumpartikel extrahieren. Mithilfe körpereigener Proteine können sie die Partikel zu Kalk verkleben.
Diesen Prozess wolle man nachahmen, so Rotta Loria. Die Energie des tierischen Stoffwechsels soll dabei mit Elektrizität ersetzt werden.
Stromstösse sollen also mithelfen, die Küstenerosion aufgrund des Klimawandels zu bekämpfen.
Idee funktioniert im Labor
Eine Idee, die im Labor funktioniert. Ein Behälter mit Sand und Meerwasser wird unter Schwachstrom gesetzt.
Die Struktur des Sandes verändert sich, er verfestigt sich. Er wird so lange härter und unbeweglicher, wie Strom fliesst.
Durch sogenannte elektrolytische Abscheidung werden aus dem Meerwasser Kalk und Magnesiumhydroxid gebildet. Dabei halten die Mineralien den Sand wie Klebstoff zusammen.
Nun versuchen die Forscher, ihre Lösung auf durch Klimaschutz bedingte Küstenerosion anzupassen. So wollen sie einen effektiven Beitrag zum Küstenschutz leisten.
Kostengünstiger Schutz vor Küstenerosion durch Klimawandel
Ihr Plan sieht vor, künftig riesige und feinmaschige Metallgitter an den Küsten anzubringen. Durch diese soll dann Strom geleitet werden.
Zusammen mit dem Meerwasser sollen Küstenlinien so gehärtet und die Küstenerosion durch den Klimawandel aufgehalten werden.
Ein Prozess, der wohl auch unterirdisch ablaufen könne, so Rotta Loria und Jacobsen. So sei es Touristinnen und Touristen weiter möglich, durch den Sand zu spazieren, während er im Untergrund verfestigt werde.
Durch die niedrige Stromspannung bestehe zudem keine Gefahr für Pflanzen, Tiere und Menschen. Zudem sei die Methode günstig. Einen Kubikmeter Sand zu härten, koste wohl nur drei bis sechs Dollar.