Im US-Bundesstaat Illinois sollen 450 Angehörige der katholischen Kirche in den letzten Jahrzehnten über 2000 Kinder sexuell missbraucht haben.
Joe Iacono (r.), begleitet von Anwalt Jeff Anderson, wirft katholischen Kirchenvertretern sexuellen Missbrauch vor. Foto: Kiichiro Sato/AP
Joe Iacono (r.), begleitet von Anwalt Jeff Anderson, wirft katholischen Kirchenvertretern sexuellen Missbrauch vor. Foto: Kiichiro Sato/AP - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Über 450 Kirchenvertreter in Illinois werden des sexuellen Missbrauchs beschuldigt.
  • Über die vergangenen Jahrzehnte hinweg soll es fast 2000 Opfer geben.
  • Die Staatsanwaltschaft hat einen ersten umfassenden Bericht veröffentlicht.
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Schwere Vorwürfe gegen die katholische Kirche in den USA: Im Bundesstaat Illinois sollen laut Staatsanwalt fast 2000 Kinder in den vergangenen Jahrzehnten von über 450 Geistlichen missbraucht worden sein. Das geht aus einem detaillierten Bericht der Ermittler hervor, der am Dienstag in Chicago veröffentlicht wurde.

Es handle sich um die erste umfassende Bilanz des Bundesstaates über den sexuellen Kindsmissbrauch durch Mitglieder der katholischen Kirche. Damit wird die von der Staatsanwaltschaft im Jahr 2018 eingeleitete Untersuchung formell abgeschlossen. Die Ermittler untersuchten für den Bericht den Zeitraum von 1950 bis 2019.

Kirchen vertuschten Taten

Die Erzählungen der Überlebenden zeigten ein beunruhigendes Muster, bei dem die Kirche es versäumt habe, die Betroffenen zu unterstützen, hiess es. Berichte über Missbrauch seien ignoriert oder vertuscht worden. Zu Beginn der Untersuchungen hatten Diözesen in Illinois öffentlich eine deutlich geringere Zahl von Geistlichen genannt, gegen die es «glaubhafte» Vorwürfe des sexuellen Missbrauchs Minderjähriger gebe. Schliesslich habe die Staatsanwaltschaft die Diözesen von Illinois dazu gedrängt, die Namen weiterer verdächtiger Geistlicher zu nennen.

Hände eines Priesters
Hände eines Priesters - AFP/Archiv

Jahrzehntelange Entscheidungen und Strategien der katholischen Führung hätten es bekannten Tätern ermöglicht, sich zu verstecken. Und das oft in aller Öffentlichkeit, sagte der Generalstaatsanwalt von Illinois, Kwame Raoul, nun. «Und weil die Verjährungsfrist häufig abgelaufen ist, werden viele Überlebende von sexuellem Kindesmissbrauch durch katholische Geistliche niemals Gerechtigkeit im rechtlichen Sinne erfahren.»

Mehrere Missbrauchsskandale in USA

In den vergangenen Jahren wurden mehrere grosse Missbrauchsskandale in der katholischen Kirche in den USA aufgedeckt – unter anderem im US-Bundesstaat Pennsylvania. Seitdem ermitteln in vielen Bundesstaaten die Behörden. Immer neue Fälle kommen ans Licht.

Auch weltweit wurden nach und nach in erschreckendem Ausmass Fälle von sexuellem Missbrauch in der katholischen Kirche öffentlich. In Deutschland haben mittlerweile viele Bistümer Gutachten zum Umgang ihrer Amtsträger mit Missbrauchsvorwürfen und zum Ausmass von sexualisierter Gewalt in ihren Pfarreien in Auftrag gegeben oder veröffentlicht.

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