Polizei nimmt 17-Jährigen wegen tödlicher Schüsse bei Protesten in Kenosha fest
Nach tödlichen Schüssen auf zwei Menschen während der Proteste gegen Polizeigewalt im US-Bundesstaat Wisconsin ist ein 17-Jähriger festgenommen worden.
Das Wichtigste in Kürze
- US-Präsident Trump entsendet Bundespolizisten in Bundesstaat Wisconsin.
Die Polizei nahm den Teenager in Antioch im benachbarten Bundesstaat Illinois in Gewahrsam, wie die Behörden am Mittwoch mitteilten. Er wurde formell des Mordes beschuldigt und sollte nach Wisconsin überstellt werden.
In der Stadt Kenosha in Wisconsin waren bei den Protesten am Dienstagabend zwei Menschen getötet worden, als ein Schütze - mutmasslich der 17-Jährige - mit einem Sturmgewehr das Feuer eröffnete. Ein dritter Mensch wurde verletzt. Die beiden Todesopfer waren 26 und 36 Jahre alt, der Verletzte ist 26 Jahre alt. Die genauen Hintergründe der Tat waren zunächst unklar.
Zuvor waren hunderte Demonstranten wegen der Polizeischüsse auf den 29-jährigen Afroamerikaner Jacob Blake auf die Strasse gegangen. Am Abend hielt sich mindestens eine Gruppe hauptsächlich weisser und schwer bewaffneter Männer in Kenosha auf, die nach eigenen Angaben Grundstücke vor Angriffen von Demonstranten schützen wollten.
Wie die «New York Times» berichtete, ging die Polizei dem Verdacht nach, dass die tödlichen Schüsse ihren Ursprung in einem Streit zwischen Protest-Teilnehmern und einer bewaffneten Gruppe hatten, die eine Tankstelle bewachten.
Polizisten hatten Jacob Blake am Sonntag in Kenosha im Beisein seiner drei Kinder mehrfach in den Rücken geschossen und dadurch schwer verletzt. Über die Hintergründe des Vorfalls wurde bisher nur wenig bekannt. Seitdem kam es täglich zu Protesten in der Stadt, die teilweise in Gewalt umschlugen.
US-Präsident Donald Trump kündigte am Mittwoch die Entsendung von Bundespolizisten und zusätzlichen Nationalgardisten nach Kenosha an. «Wir werden Plünderungen, Brandstiftung, Gewalt und Gesetzlosigkeit auf amerikanischen Strassen nicht hinnehmen», schrieb Trump auf Twitter. «Gesetz und Ordnung» sollten wiederhergestellt werden. Es war seine erste Reaktion seit den Schüssen auf Blake.
Der Gouverneur von Wisconsin, der Demokrat Tony Evers, hatte bereits zu Wochenbeginn die Nationalgarde mobilisiert, um der Ausschreitungen Herr zu werden. Trump, der sich selbst als «Präsident von Recht und Ordnung» bezeichnet, wirft Politikern der oppositionellen Demokraten aber regelmässig vor, nicht ausreichend zu unternehmen, um gegen Ausschreitungen am Rande von Protesten vorzugehen.
Der Präsidentschaftskandidat der US-Demokraten, Joe Biden, rief am Mittwoch zur Ruhe auf. Er erklärte in einer Videobotschaft, mit Blakes Familie gesprochen und ihr «Gerechtigkeit» versprochen zu haben. «Was ich in dem Video (von den Polizeischüssen) gesehen habe, widert mich an.» Ein Mal mehr sei ein Schwarzer am hellichten Tag von Polizisten niedergeschossen worden.
«Gegen Brutalität zu protestieren ist ein Recht und absolut notwendig», sagte der frühere Vizepräsident. «Aber Gemeinden niederzubrennen ist kein Protest, sondern unnötige Gewalt.» Menschenleben würden in Gefahr gebracht und Geschäfte zerstört. «Das ist falsch.» Biden verwies auf Blakes Mutter Julia Jackson, die die Gewalt verurteilt und zu friedlichen Protesten aufgerufen hat.
Erst vor drei Monaten hatte der Tod des Afroamerikaners George Floyd bei einem brutalen Polizeieinsatz in Minneapolis für Empörung gesorgt. Landesweit gingen Menschen gegen Rassismus und Polizeigewalt gegen Schwarze auf die Strassen.
Für Freitag ist in der Hauptstadt Washington ein grosser Marsch gegen Polizeigewalt geplant. Er findet am 57. Jahrestag der berühmten Rede «I Have a Dream» («Ich habe einen Traum») des schwarzen Bürgerrechtlers Martin Luther King statt.