Angriff auf Synagoge - Trump spricht von «Hassverbrechen»

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USA,

Vor genau einem halben Jahr wurden elf Menschen beim Angriff eines Rechtsradikalen auf eine Synagoge in den USA getötet. Nun wird dort wieder eine Synagoge zum Ziel eines mutmasslichen Antisemiten. War der Täter vom Terror in Christchurch inspiriert?

Schwer bewaffnete Polizisten aus San Diego nähern sich einem Haus, in dem der Täter eines Anschlags auf die Chabad of Poway Synagoge vermutet wird. Foto: John Gibbins/The San Diego Union-Tribune/AP
Schwer bewaffnete Polizisten aus San Diego nähern sich einem Haus, in dem der Täter eines Anschlags auf die Chabad of Poway Synagoge vermutet wird. Foto: John Gibbins/The San Diego Union-Tribune/AP - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Sechs Monate nach einem rechtsradikal motivierten Angriff auf eine Synagoge in Pittsburgh hat ein Mann in einem jüdischen Gotteshaus in Kalifornien das Feuer eröffnet und eine Frau getötet.

Drei weitere Menschen - darunter der Rabbiner - seien am Samstag verletzt worden, sagte der Sheriff im San Diego County, Bill Gore. Der mit einem Gewehr bewaffnete Angreifer sei am letzten Tag des jüdischen Pessachfestes in die Synagoge der orthodoxen Chabad-Bewegung in Poway nördlich der Stadt San Diego eingedrungen.

US-Präsident Donald Trump und Poways Bürgermeister Steve Vaus sprachen von einem «Hassverbrechen». Der mutmassliche Schütze wurde festgenommen. San Diegos Polizeichef David Nisleit sagte, es handele sich um einen weissen, nicht vorbestraften 19-Jährigen aus San Diego. Vaus sagte dem Sender CNN, er gehe davon aus, dass der Angreifer «Hass auf unsere jüdische Gemeinschaft» gepflegt und gezielt eine Synagoge ins Visier genommen habe.

Sheriff Gore sagte, man prüfe, ob eine im Internet veröffentlichte Hetzschrift, die unter dem Namen des Festgenommenen verfasst wurde, authentisch sei. In dem antisemitischen Pamphlet schreibt der Autor, er sei von Brenton Tarrant inspiriert worden, dem mutmasslichen Attentäter im neuseeländischen Christchurch. Der Rechtsextremist soll für den Anschlag auf zwei Moscheen mit 50 Toten verantwortlich sein.

Der Autor bekennt sich in dem nicht verifizierten Schreiben auch auf einen bislang nicht aufgeklärten Brandanschlag auf eine Moschee im kalifornischen Escondido kurz nach dem Anschlag in Christchurch. Gore sagte, es werde geprüft, ob es eine Verbindung dazu gebe. Der Autor nennt als weitere Quellen der Inspiration Adolf Hitler sowie den mutmasslichen Angreifer auf die Synagoge in Pittsburgh.

Auf den Tag genau sechs Monate vor dem Angriff in Poway hatte ein Rechtsradikaler in der «Tree of Life»-Synagoge in Pittsburgh im US-Bundesstaat Pennsylvania elf Menschen erschossen. Es handelte sich um das folgenschwerste antisemitische Verbrechen in der Geschichte der USA. Dem mutmasslichen Täter wird derzeit der Prozess gemacht.

Nach dem Angriff in Poway verurteilte Trump «das Übel des Antisemitismus und des Hasses» auf das Schärfste. Kritiker warfen Trump in der Vergangenheit vor, nicht eindeutig genug Stellung gegen Rechtsradikale zu beziehen. Trump weist das zurück. Die Vorwürfe gehen vor allem auf Äusserungen des Präsidenten nach Ausschreitungen in Charlottesville im Bundesstaat Virginia im August 2017 zurück.

Bei einem rechten Aufmarsch in Charlottesville hatten Demonstranten antisemitische Parolen skandiert. Am Rande der Zusammenstösse steuerte ein Rechtsradikaler sein Auto in eine Gruppe Gegendemonstranten und tötete eine Frau. Trump hatte für Empörung gesorgt, als er danach sagte, es habe auf beiden Seiten auch «sehr gute Menschen» gegeben.

Israel verurteilte den Anschlag auf die Synagoge in Kalifornien scharf. Die Tat habe «das Herz des jüdischen Volkes getroffen», sagte Regierungschef Benjamin Netanjahu nach Angaben seines Büros am Sonntag. «Die internationale Gemeinschaft muss den Kampf gegen den Antisemitismus verstärken.» Israels Staatspräsident Reuven Rivlin nannte den Angriff «eine weitere schmerzhafte Erinnerung daran, dass Antisemitismus und Judenhass immer noch da sind, überall».

Vor dem Holocaust-Gedenktag am Donnerstag in Israel sei es besonders wichtig, vor den Gefahren eines ungebremsten Antisemitismus zu warnen, heisst es in einer Erklärung der israelischen Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem. «Wir machen uns auch Sorgen über verschiedene Formen der Hetze in den Medien - Zeitungen sowie digitalen und sozialen Medien (...) Die Welt muss handeln, um solche Formen der Hassrede durch Anführer und Privatleute zu bekämpfen.»

Nach jüngsten Statistiken der Bundespolizei FBI haben Hassverbrechen in den USA 2017 im Vergleich zum Vorjahr um 17 Prozent zugenommen. 2017 registrierten die Behörden 7175 solche Verbrechen. 1679 davon wurden als religiös motiviert eingestuft. Von diesen Taten richteten sich wiederum 58,1 Prozent gegen Juden, 18,7 Prozent gegen Muslime.

Nach Angaben des israelischen Aussenministeriums sind unter den Verletzten zwei Israelis, ein achtjähriges Mädchen und ihr Onkel. Sie seien vor einigen Jahren aus der israelischen Grenzstadt Sderot nach San Diego gezogen. Der Sheriff teilte mit, neben dem Rabbiner seien ein Mädchen und ein 34 Jahre alter Mann verletzt worden. Der Rabbiner sei wegen Schusswunden an der Hand operiert worden. CNN berichtete, die Frau, die an den Folgen ihrer Verletzungen starb, habe sich zwischen den Täter und den Rabbiner gestellt, um den Geistlichen zu schützen.

Bundesaussenminister Heiko Mass äusserte sich erschüttert über die Tat. In der Synagoge wurde während des Angriffs das jüdische Pessachfest begangen, das an den Auszug der Israeliten aus Ägypten und die Befreiung aus der Sklaverei erinnert. Die einwöchigen Feierlichkeiten hätten am Samstagabend mit einem Essen beendet werden sollen.

Die vor 250 Jahren gegründete Chabad-Lubawitsch-Bewegung war zunächst in Russland verbreitet und dehnte sich dann über die Nachbarländer aus. Ihr Ziel ist es, Juden ihrer Religion und ihren Traditionen näherzubringen. Weltweit hat die Organisation nach eigenen Angaben Zehntausende Mitarbeiter in mehr als 3300 Institutionen.

In Kalifornien war es erst kürzlich zu einem weiteren Angriff gekommen, der nach Überzeugung der Polizei Muslimen galt. Am Dienstag war ein 34-jähriger US-Armeeveteran in Sunnyvale mit seinem Auto in eine Menschengruppe gefahren. Neue Beweise zeigten, dass der Verdächtige die Opfer aus rassistischen Gründen angegriffen habe, teilte die Polizei nun mit. Er habe sie für Muslime gehalten. Acht Menschen waren bei dem Vorfall am vergangenen Dienstag verletzt worden, ein 13-jähriges Mädchen schwebte danach in Lebensgefahr.

Nach Überzeugung der Ermittler steuerte der Mann sein Fahrzeug absichtlich in die Menschengruppe. Der Verdächtige wurde festgenommen. Ein Polizeisprecher sagte, ihm werde versuchter Mord in acht Fällen vorgeworfen. Zeugen hätten ausgesagt, dass er nach der Kollision Gott gedankt habe. Der Sender ABC berichtete, der Verdächtige sei 2005 und 2006 mit der US-Armee im Irak gewesen. Laut seiner Familie sei er danach wegen einer posttraumatischen Belastungsstörung in Behandlung gewesen.

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