Ukraine-Krieg: Trumps Öl-Strategie «masslose Selbstüberschätzung»
Trump will den Ukraine-Krieg beenden, indem er den Ölpreis senkt. Experten halten das für unrealistisch und attestieren ihm «masslose Selbstüberschätzung».
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Das Wichtigste in Kürze
- Donald Trump hat angekündigt, den Ukraine-Krieg schnell beenden zu wollen.
- Er ist der Meinung, dieses Ziel durch eine Senkung des Ölpreises erreichen zu können.
- Experten sehen das kritisch.
Wladimir Putin finanziert seinen Ukraine-Krieg unter anderem durch den Verkauf von Öl.
Der Westen hat zwar Massnahmen ergriffen, um diese Finanzierungsquelle versiegen zu lassen. Doch Länder wie Indien und China importieren weiterhin russisches Öl.
Das will der frischgebackene US-Präsident Donald Trump nun ändern. Am Weltwirtschaftsforum (WEF) in Davos GR erklärte er, wie er den Ukraine-Krieg beenden will.
Seine Strategie: Man müsse nur den Ölpreis senken, dann würde der Krieg aufhören.
Doch wie realistisch ist es, dass dieser Plan aufgeht? Nau.ch hat bei Experten nachgefragt.
Nicolas Hayoz, Professor für Osteuropastudien an der Universität Fribourg, findet klare Worte: «Es wäre naiv zu glauben, dass dies ausreichen würde.»
«Unrealistische Annahme Trumps»
Russland habe es bisher immer geschafft, Sanktionen zu umgehen und andere Wege zu finden, um seine Kriegswirtschaft zu finanzieren.
Es sei eine «unrealistische Annahme Trumps», dass Russland den Krieg nur aufgrund von niedrigeren Ölpreisen beenden würde. «Als ob es hier einen direkten Kausalzusammenhang geben könnte.»
![ukraine krieg donald trump](https://c.nau.ch/i/zoOOMk/900/ukraine-krieg-donald-trump.jpg)
Mittelfristig gesehen könnte man sich einen solchen Zusammenhang vorstellen, so Hayoz. «Aber Kriege werden nicht aufgrund von einem einzigen Faktor beendigt. Und solche Überlegungen müssten auch berücksichtigen, wie sehr die Fortsetzung eines Krieges auch von ideologischen Faktoren abhängt.»
Zum Beispiel vom Willen eines Diktators wie Putin, die Ukraine als politisches Gebilde zu vernichten oder zu neutralisieren.
Experten glauben nicht, dass Ölpreis gesenkt wird
Zudem bezweifelt der Osteuropa-Experte, dass der neue US-Präsident eine Ölpreissenkung überhaupt erreichen kann. «Offensichtlich möchte Trump die Opec-Staaten, vor allem Saudi-Arabien, dazu bewegen», sagt Hayoz.
Doch dass er sie dazu bringen könnte, die Produktion zu steigern, sodass die Preise fallen, sei laut Experten «ziemlich unwahrscheinlich».
«Und wieso sollten sie denn auch?», fragt Hayoz. «Vorgehen gegen Russland, das auch Opec-Mitglied ist oder auf potenzielle Gewinne verzichten, um die Produzenten in den USA zu privilegieren.»
Er hält fest: «Alles unwahrscheinlich.»
Auch Thomas Greven, Politikwissenschaftler an der Freien Universität Berlin, sagt: «Ich vermute, dass es jedenfalls kurzfristig schwierig ist, durch die Erhöhung der Fördermenge der USA signifikant den Preis zu senken.» Und ob die Opec sich dazu bewegen lasse, sei «mehr als unklar.»
Doch auch wenn Trump das schaffen sollte, werde das wohl nicht ausreichen, um den Ukraine-Krieg zu beenden. «Die russische Wirtschaft ist auf Krieg eingestellt», so Greven. «Bisher sehe ich keine Anzeichen dafür, dass die ökonomische und soziale Belastungsfähigkeit Russlands bedroht ist.»
Ultimatum im Ukraine-Krieg wird Putin «nicht beeindrucken»
Trump hat dem Kreml-Chef derweil ein Ultimatum von 100 Tagen für einen Deal im Ukraine-Krieg gesetzt. Dass dies Putin beeindruckt, glauben die beiden Experten ebenfalls nicht.
«Trump leidet an massloser Selbstüberschätzung, die Putin ausnutzen kann», sagt Greven. «Aus seiner Sicht kann er weiterhin militärische Erfolge erzielen und mehr ukrainisches Territorium erobern.»
Einzig Trumps Unberechenbarkeit könne Putins Kalkulation verändern. «Doch dafür bräuchte es jetzt schnell deutliche Unterstützungszusagen der USA», so der US-Experte.
Aber: «Diese stünden im Widerspruch zu Trumps Versprechungen im Wahlkampf und würden seine Basis und die Maga-Republikaner im Kongress irritieren.»
Zuletzt forderte der US-Präsident Seltene Erden im Austausch für US-Hilfe.
Auch Osteuropa-Experte Hayoz sagt: Das 100-Tage-Ultimatum «wird Putin überhaupt nicht beeindrucken. Putin lässt sich überhaupt durch keine ‹Ultimaten› beeindrucken.»
Beeindrucken werde Putin nur, dass Trump sich mit ihm unterhalten wird. «Was der Welt doch zeigen soll, dass Russland auf Augenhöhe mit seinem grossen Antagonisten, den USA, ist. Dass es ernst genommen wird», erklärt Hayoz.
Auch hier zeige sich die Diskrepanz zwischen «big words» und der Realität. Letztere werde sich den grossen Absichten von Trump nicht anpassen.
Anfangs hatte Trump im Wahlkampf noch behauptet, den Ukraine-Krieg innerhalb von 24 Stunden beenden zu können.