150 Jahre Sueskanal: Eine 7000-Kilometer-Abkürzung durch die Wüste
Ferdinand de Lesseps dachte wohl kaum an riesige Containerschiffe, als er vor 150 Jahren in Ägypten eine gewaltige Wasserstrasse bauen liess: Den Sueskanal.
Das Wichtigste in Kürze
- Vor 150 Jahren wurde der Suezkanal gebaut.
- Die Wasserstrasse durch Ägypten ist zentral für die Weltwirtschaft.
«Achtung, an die gesamte Crew: Wir haben eine Kollision!» Arabische Funksprüche und Anweisungen auf Englisch sind zu hören, als das Containerschiff im Sueskanal wie in Zeitlupe mit einem Schüttgutfrachter kollidiert. Das Video im Internet zeigt, wie dramatisch eine Fahrt durch die ägyptische Wasserstrasse verlaufen kann.
Aus dem Welthandel ist das Transport-Nadelöhr auch 150 Jahre nach seiner Eröffnung nicht mehr wegzudenken, für die Ägypter bleibt der Kanal ein Prestigeobjekt.
Enorme Zeitersparnis durch Sueskanal
Auch für erfahrene Seeleute ist es kein Leichtes, einen 400 Meter langen Stahlriesen bei Strömung und Seitenwind durch eine schmale Schifffahrtsrinne zu steuern. Der Wüstenwind kann hier mit stürmischen 40 oder 50 Knoten pro Stunde über den Kanal fegen.
Er kann ein haushohes Schiff in einen «Ballon» verwandeln, wie Roshdy sagt. «Ein Schiff ist nicht wie ein Auto. Wenn du die Steuerung verlierst, weisst du nicht, wo es hintreiben wird.
Doch um den Sueskanal führen in der Schifffahrt nicht viele Wege herum - jedenfalls nicht für einen aus Saudi-Arabien oder dem Irak kommenden Öltanker, der unter engem Zeitplan die Niederlande, Italien oder die USA ansteuert.
Den Seeweg von Europa nach Indien verkürzt der Kanal um etwa 7000 Kilometer, der Umweg über das Kap der Guten Hoffnung könnte ein Schiff bei 16 Knoten (etwa 30 Stundenkilometer) bald drei weitere Wochen kosten. Im eng getakteten Welthandel eine Ewigkeit.
Brutale Baubedingungen
Die enorme Zeitersparnis entzückt Händler, Schiffsleute und Politiker schon vor 150 Jahren, als der Bau am 17. November 1869 mit grossem Pomp eröffnet wird. 5000 prominente Gäste aus aller Welt reisen an, um das damals grösste Projekt des maritimen Weltverkehrs zu bestaunen.
Sie feiern bei Feuerwerk und einem Festball, denn Erbauer Ferdinand de Lesseps, ein französischer Diplomat, war im kargen Land eine technische Meisterleistung gelungen. Dass Zehntausende ägyptische Zwangsarbeiter unter brutalen Bedingungen schuften mussten und Tausende beim Bau ums Leben kamen, wird heute selten erwähnt.
Für Ägypten beginnt die eigentliche Party erst 1956, als der Kanal verstaatlicht und damit zu einer der wichtigsten Devisenquellen des Landes wird. Durch mehrfache Erweiterungen soll der Kanal für Frachter und Container-Riesen attraktiv bleiben. Unter anderem wegen kürzerer Wartezeiten.
Im August verkündete die Kanalbehörde einen «Rekordjahresumsatz» von 5,9 Milliarden Dollar (5,37 Mrd Euro), im Februar wurde die höchste Tages-Tonnage seit 150 Jahren gemeldet.
Sueskanal soll noch lukrativer werden
Trotz dieser Jubelmeldungen wirkt das erklärte Ziel, den Umsatz bis 2023 mehr als zu verdoppeln, noch wie eine Seefahrermär. Kritiker werfen Präsident Abdel Fattah al-Sisi ausserdem vor, mit der Erweiterung 2015 nur ein weiteres seiner Prestigeprojekte aus dem Boden gestampft und Staatsgeld verschwendet zu haben – ähnlich wie beim Bau einer neuen Hauptstadt östlich von Kairo.
Ein Drittel der ägyptischen Bevölkerung lebt in extremer Armut und muss mit umgerechnet etwa einem Euro am Tag auskommen.
Vor allem für die Container-Schifffahrt wäre es ein herber Schlag, wenn diese wichtige Route des Welthandels eines Tages gekappt würde. 18'000 Schiffe durchfuhren den Suezkanal vergangenes Jahr, im Schnitt etwa 50 am Tag. Von einem «kritischen Engpass» spricht die US-Energiebehörde auch für den Handel mit Öl, Gas und Erdölprodukten.