Alexej Nawalny: EU lädt Witwe Julia zu Treffen in Brüssel ein
Mit blauen Flecken übersät, soll die Leiche des Kreml-Kritikers Alexej Nawalny in einem Spital in Salechard liegen. Witwe Julia erhält Zuspruch aus der EU.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Leiche von Alexej Nawalny soll in einem Spital im Norden Sibiriens sein.
- Seine Angehörigen hatten bisher keinen Zugang zum Leichnam.
- Der Körper soll mit blauen Flecken übersät sein.
Die Leiche des in Haft ums Leben gekommenen Kreml-Kritikers Alexej Nawalny wird einem Medienbericht zufolge im Bezirkskrankenhaus der Stadt Salechard im hohen Norden Sibiriens aufbewahrt.
Eine Obduktion habe zumindest bis Samstag noch nicht stattgefunden, berichtete die kremlkritische «Nowaja Gaseta Europa» am Sonntag unter Berufung auf eigene Informanten. Zudem soll der Körper des Toten blaue Flecken aufweisen.
Die Angehörigen hatten noch keinen Zugang
Eine offizielle Bestätigung für diese Angaben gab es zunächst nicht. Die Angehörigen Nawalnys haben bisher keinen Zugang zum Leichnam des 47-Jährigen erhalten.
Salechard ist die Hauptstadt des Autonomen Kreises der Jamal-Nenzen. Das Straflager «Polarwolf», in dem Nawalny starb, liegt etwa 50 Kilometer Luftlinie nordwestlich davon – bereits jenseits des Polarkreises.
EU lädt Nawalnys Witwe nach Brüssel ein
Julia Nawalnaja, die Witwe von Alexej Nawalny, erhält nach dem Tod des Oppositionellen viel Unterstützung aus dem Westen. Sie ist nun auch zu den Beratungen der europäischen Aussenminister am Montag in Brüssel eingeladen worden.
Wie der Aussenbeauftragte Josep Borrell am Sonntag auf der Plattform X (früher Twitter) weiter berichtete, wollten die EU-Aussenminister bei ihrem Treffen «ein starkes Signal der Unterstützung für die Freiheitskämpfer in Russland senden» und die Erinnerung an den 47-jährigen Nawalny ehren.
Auch EU-Ratspräsident Charles Michel will Julia Nawalnaja nach Angaben seiner Sprecherin empfangen.
Kurz nach der Nachricht vom Tod ihres Mannes war Nawalnaja am Freitag bereits bei der Münchner Sicherheitskonferenz aufgetreten und hatte in einer viel beachteten Rede zum Kampf gegen den russischen Machtapparat von Präsident Wladimir Putin aufgerufen.
Menschenrechtler werfen Russland Mord vor
Der nach vielen Tagen in immer wieder angesetzter Einzelhaft körperlich geschwächte Nawalny war nach russischen Behördenangaben am Freitag bei einem Hofgang im Straflager bei eisigen Temperaturen zusammengebrochen. Wiederbelebungsversuche waren nach Angaben des Strafvollzugs erfolglos.
Menschenrechtler werfen dem russischen Machtapparat Mord vor. Auch die Mitarbeiter des prominenten Anti-Korruptionskämpfers gingen davon aus, dass Nawalny gezielt getötet wurde.
Petition fordert Übergabe der Leiche an Angehörige
Die Mutter Nawalnys hat bislang vergebens versucht, ihren toten Sohn abzuholen. Weder in der Strafkolonie noch in Salechard wurde ihr der Leichnam übergeben.
Mehr als 12'000 Menschen in Russland forderten laut Bürgerrechtlern bis Sonntagnachmittag in einem Aufruf, den Leichnam des in einem sibirischen Straflager ums Leben gekommenen Politikers an die Hinterbliebenen zu übergeben.
Die Bürgerrechtsplattform OWD-Info hatte die Petition erst am späten Samstagnachmittag gestartet. Die Herausgabe müsse schnell erfolgen, heisst es in der Erklärung: «Wenigstens nach seinem Tod sollte Alexej Nawalny bei seinen Angehörigen sein.»
Die «Nowaja Gaseta» zitiert einen anonymen Mitarbeiter des Notfalldienstes. Die blauen Flecken zeugen dessen Angaben nach davon, dass Nawalny vor dem Tod Krämpfe gehabt habe und von Mitarbeitern des Straflagers festgehalten wurde. Ein Bluterguss auf der Brust sei zudem Indiz für tatsächlich vorgenommene Wiederbelebungsversuche.
Allerdings geht aus dem Zeitungsbericht hervor, dass der Informant selbst Nawalny nach dessen Tod ebenfalls nicht gesehen, sondern über seinen Zustand nur von Kollegen informiert worden sei.