Die Rückkehr zu einem Gleichgewicht des Schreckens

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Deutschland,

Der INF-Vertrag zur atomaren Abrüstung zwischen den USA und Russland gilt als einer der Grundpfeiler der Sicherheit in Europa. Nun wollen die USA aussteigen.

Um glaubwürdige Abschreckung zu gewährleisten, wird die Nato in Europa nachrüsten müssen. Foto: Thomas Frey
Um glaubwürdige Abschreckung zu gewährleisten, wird die Nato in Europa nachrüsten müssen. Foto: Thomas Frey - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Mit dem INF-Vertrag steht eines der weltweit wichtigsten Abrüstungsabkommen vor dem Aus.
  • Der Vertrag regelt den Verzicht auf landgestützte atomare Mittelstreckenwaffen.

Die US-Regierung hat offiziell ihren Ausstieg aus dem Abkommen mit Moskau verkündet. Nun bleiben wegen einer Art Kündigungsfrist noch sechs Monate Zeit. Falls Russland nicht einlenkt, bedeutet das die Rückkehr des Kalten Krieges?

Wächst das Risiko eines Atomkriegs?

Ja. Moderne Mittelstreckenraketen gelten als besonders gefährlich, weil sie von mobilen Abschussrampen abgefeuert werden, die sich hervorragend tarnen lassen. Zudem sind sie als Lenkflugkörper konzipiert und damit äusserst schnell und treffsicher. All das führt dazu, dass die Gegenseite im Fall eines vermuteten Angriffs innerhalb von Minuten reagiert müsste.

Was sieht der INF-Vertrag vor?

Das Abkommen über nukleare Mittelstreckensysteme wurde 1987 zwischen den USA und der damaligen Sowjetunion geschlossen. Mit ihm verpflichteten sich beide Seiten zum Verzicht auf landgestützte ballistische Raketen und Marschflugkörper mit Reichweiten zwischen 500 und 5500 Kilometern.

Warum kündigen die USA die Vereinbarung auf?

Die Amerikaner werfen den Russen schon seit 2013 vor, sich nicht an die Vertragsbedingungen zu halten. Konkret geht es um den russischen Marschflugkörper 9M729 (Nato-Code: SSC-8). Die US-Regierung beklagt, dieser habe eine grössere Reichweite als laut Vertrag erlaubt und sei dadurch eine direkte Bedrohung für Europa, und auch für die dort lebenden Amerikaner und US-Soldaten.

Was sagt Russland zu den Vorwürfen?

Moskau dementiert konsequent, gegen den Vertrag zu verstossen. Der Kreml, das Aussenministerium sowie das Militär behaupten, ihre neuen Flugkörper blieben unterhalb der Reichweite von 500 Kilometern und seien damit erlaubt. Man habe Vorort-Inspektionen angeboten und Transparenz sowie Dialog versprochen. Dass der Vertrag nun mit einem unhaltbaren Ultimatum ende, sei eindeutig Schuld der USA, heisst es auf russischer Seite.

Werden die USA jetzt neue Raketen bauen?

Das wird vermutet. Trump erklärte, die USA würden nun voranschreiten mit der Entwicklung eigener militärischer Optionen. Das Pentagon hat bereits Ende 2017 die Grundlage dafür gelegt. Washington argumentierte damals, dass Forschungspläne für ein neues mobiles landgestütztes System als Botschaft an Russland gedacht seien, sich wieder an den Vertrag zu halten.

Was bedeutet die Entwicklung für Europa?

Nichts Gutes. Die Aufkündigung des Vertrags wird Russland die Möglichkeit geben, seine Atomwaffenfähigkeiten weiter auszubauen. Um glaubwürdige Abschreckung zu gewährleisten und das «Gleichgewicht des Schreckens» zu halten, wird die Nato in Europa nachrüsten müssen.

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