Krieg

Fast 500 Tage Elend im Sudan: Hoffnungsschimmer Schweiz

Keystone-SDA
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Sudan,

Millionen sind vertrieben und hungern: In der Schweiz sollen Waffenstillstandsverhandlungen die humanitäre Hilfe im Sudan verbessern.

Sudanesische Flüchtlinge
Sudanesische Flüchtlinge warten, um Wasser aus Brunnen zu holen. (Symbolbild) - keystone

'Jahrelang wurde der rohstoffreiche Sudan in Afrika von Diktator Omar al-Baschir drangsaliert, ehe er 2019 bei einem ein Putsch nach einem Volksaufstand abgesetzt wurde. Die Freude der Zivilbevölkerung wehrte kurz. Sie blieb im Machtgerangel auf der Strecke.

Seit nunmehr 16 Monaten kämpfen zwei Generäle um die Macht, ohne Rücksicht auf Verluste. Millionen Menschen sind im eigenen Land vertrieben, Millionen hungern. In der Schweiz sollen Gespräche über einen Waffenstillstand nun bessere humanitäre Hilfe ermöglichen, aber die Zeichen stehen schlecht.

Wer kämpft

Nach mehreren Putschen wollten der Oberbefehlshaber der sudanesischen Armee (SAF), Abdel Fattah al-Burhan, und der Chef der Milizen «Rapid Support Forces» (RSF), Mohamed Hamdan Daglo, sich die Macht teilen. Al-Burhan wurde Präsident. Daglo wurde sein Stellvertreter.

Das Gebilde zerbrach aber im April 2023 an der Rivalität der Männer. Seitdem kämpfen beide mit ihren Truppen um die territoriale Vorherrschaft. Beide Seiten begegnen Zivilisten nach Angaben von Einwohnern mit roher Gewalt. Ihnen werden schwere Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen.

Das Elend in Zahlen

Fast 26 Millionen Menschen sind von akutem Hunger bedroht, das ist mehr als die Hälfte der Bevölkerung. 755'000 Menschen stehen am Rande einer Hungersnot, wie UN-Analysen zeigen. Im Flüchtlingslager SamSam in Nord-Darfur mit 500'000 Flüchtlingen wurde bereits eine Hungersnot deklariert. 10,7 Millionen Menschen sind im Land auf der Flucht, mehr als zwei Millionen weitere sind über die Grenzen in Nachbarländer geflohen.

Nach UN-Schätzungen sterben im Sudan täglich mindestens hundert Menschen an den Folgen von Hunger. Mindestens 30 Prozent der Kinder gelten als akut unterernährt. Neben dem Konflikt haben jetzt auch noch schwere Regenfälle und Überschwemmungen Häuser und Strassen zerstört und Zehntausende in die Flucht getrieben.

Die Lage in der Hauptstadt Khartum

«Die Lage in Khartum ist unbeschreiblich und wirklich furchtbar», sagt Khalid Mishain, Sprecher einer Jugend-NGO, der vor Kurzem aus der weitgehend zerstörten Hauptstadt geflohen ist. «Jeden Tag hört man von Menschen, die in ihren Häusern oder Wohnungen erschossen worden sind. Die Regierungstruppen bombardieren in den Vierteln, in denen die RSF die Kontrolle hat, willkürlich Wohngegenden.»

Ein paar Kinder wollten am Samstag in der Nähe von Khartum auf einem als «kinderfreundlich» deklarierten Gelände Fussball spielen, den elenden Alltag für ein paar Stunden vergessen. Der Horror kam aus der Luft, wie der Sprecher des UN-Kinderhilfswerks Unicef, James Elder, berichtet. Ein Geschoss schlug auf dem Platz ein, zwei Jungen wurden getötet, alle anderen verletzt.

Elder sah die Kinder in einem völlig überfüllten Spital mit blutverschmierten Fussböden. Die Jungen stünden unter Schock. Keine wolle je mehr einen Fussball kicken.

Sexuelle Gewalt und Vertreibungen

Eine leitende Krankenschwester berichtete Elder, sie habe Hunderte Frauen und Mädchen betreut, die vergewaltigt worden seien. Darunter Mädchen im Alter von acht Jahren. Ähnliches berichtet Mahmud Alzain aus dem Bundesstaat Sennar. Er dokumentiert dort mit einer Gruppe zusammen Menschenrechtsverletzungen.

«Es gibt viele Plünderungen und zahlreiche sexuelle Übergriffe gegen Frauen und Mädchen. Uns wurden auch mehr als 100 Fälle verschwundener Männer gemeldet, die von der RSF verschleppt wurden.» Ob sie noch lebten, sei ungewiss. Kämpfer würden Frauen, Kinder und alte Menschen willkürlich erschiessen.

Die Lage in Nord-Darfur

In der umkämpften Stadt El Fascher sind Hunderttausende Menschen vom Nötigsten abgeschnitten. Es gibt kaum noch Nahrungsmittel, berichten Einwohner. Einige hätten es in das überfüllte Lager SamSam geschafft, wo es aber auch kaum zu essen gibt, berichtet Yakoub, der es kürzlich schaffte, aus El Fascher zu fliehen. Viele Menschen müssten trotz einsetzender Regenzeit unter freiem Himmel kampieren.

«Kinder sterben an Unterernährung, an Durchfallerkrankungen und Malaria», berichtete er. Die Welthungerhilfe steht bereit, um 18'000 Tonnen Nahrungsmittel des Welternährungsprogramms (WFP) in El Fascher, SamSam und umliegenden Ortschaften zu verteilen, wie eine Sprecherin sagte.

Die prekäre Sicherheitslage

Beide Seiten behindern nach UN-Angaben systematisch die nötige humanitäre Hilfe für die Menschen. Zum einen würden unnötige bürokratische Hürden aufgebaut, um Lieferungen zu genehmigen. Zum anderen stünden UN-Konvois mit Lebensmitteln oft tagelang an Checkpoints fest, sagte Mohamed Refaat, der für die UN-Organisation für Migration in Port Sudan Hilfe koordiniert.

Zudem fehlt den Vereinten Nationen Geld, selbst für die Leute, die erreicht werden könnten. Von den 2,7 Milliarden Dollar, (2,5 Mrd. Euro) die für 2024 nötig sind, ist nach UN-Angaben erst ein Drittel eingegangen.

Die Verhandlungen in der Schweiz

Die USA haben Vertreter der Armee und der RSF-Miliz zu Verhandlungen über einen Waffenstillstand an einen geheimen Ort in die Schweiz eingeladen. Die Gespräche sollen mindestens bis zum 24. August dauern und die Voraussetzungen dafür schaffen, dass mehr humanitäre Hilfe ins Land gebracht werden kann. Um die politische Zukunft des Sudan soll es dabei ausdrücklich nicht gehen, wie der US-Sonderbeauftragte für den Sudan, Tom Perriello, in Genf sagte.

Allerdings hat bislang nur die RSF-Miliz ihre Teilnahme zugesagt. Deshalb sollen zunächst technische Experten die Möglichkeit einer Ausweitung der humanitären Hilfe erörtern. Dafür ist aber die Zustimmung beider Seiten nötig, denn die Hilfsorganisationen können das Leben ihrer Teams nicht aufs Spiel setzen.

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