Im Jemen droht Hungersnot: Landen die Huthis auf Terrorliste?
Der Konflikt im Jemen hat schwerwiegende Folgen für die Bevölkerung. Die Hungersnot im Land könnte sich wegen Donald Trump gar noch verstärken.
Das Wichtigste in Kürze
- Der Konflikt im Jemen hat immer schlimmere Auswirkungen auf die Menschen.
- Viele von ihnen leiden an Hungersnot und nicht ausreichenden Gesundheitsvorkehrungen.
- Donald Trump will die «Ansar Allah» nun auf die Terrorliste setzen.
Im Jemen auf der Arabischen Halbinsel hat sich das zusammengebraut, was Beobachter als «perfekten Sturm» beschreiben: Ein bewaffneter Konflikt mit inzwischen 128'000 Kriegstoten. Weiter starben 131'000 Menschen wegen eines Mangels an Lebensmitteln oder der schlechten Gesundheitsversorgung.
Drei Viertel der Bevölkerung leben nach Schätzungen der Weltbank in Armut. Dazu kommen eine kollabierte Wirtschaft, Cholera, knappes Trinkwasser, Überschwemmungen und eine drohende Hungersnot - von der Corona-Pandemie mal ganz abgesehen.
Trump will die Rebellen auf die Terrorliste setzen
Ausgerechnet diesen bettelarmen Staat könnte Donald Trump in seinen letzten Wochen als US-Präsident zum Spielball seiner Aussenpolitik machen. Trump plane, die jemenitischen Huthi-Rebellen vor dem Ende seiner Amtszeit am 20. Januar als Terrororganisation einzustufen, schreibt das Magazin «Foreign Policy».
Solch ein Schritt gegen die mächtige schiitische Miliz ist seit Monaten im Gespräch. Nun könnte er Trumps Zunder werden in einer «Politik der verbrannten Erde», zitiert das Magazin einen Diplomaten.
Die Vereinten Nationen und humanitäre Helfer schlagen Alarm. Denn die «Unterstützer Gottes» (Ansar Allah) beherrschen weite Teile des Landes und haben faktisch einen Staat im Staat errichtet. 70 bis 80 Prozent der Bewohner des Jemens leben in von den Huthis kontrollierten Gegenden.
Sollten die Huthis auf der US-Terrorliste landen, würde die Arbeit von Organisationen schwierig bis unmöglich. «Ich könnte für schlichte humanitäre Hilfe kriminalisiert oder strafrechtlich verfolgt werden», sagt eine Helferin. NRC und andere Organisationen müssen mit den Huthis verhandeln, um etwa Lebensmittel, Wasser oder Medizin ins Land bringen zu können.
Jemen importiert 90 Prozent der Lebensmittel
Auch die Importe aus dem Ausland - der Jemen importiert 90 Prozent seiner Lebensmittel - könnten versiegen. Händler, Banken, Lieferanten und Versicherungen könnten ihre Geschäfte aus Sorge vor US-Sanktionen einstellen.
Auch die für viele überlebenswichtige Überweisungen von Verwandten, die als Arbeitsmigranten etwa in Saudi-Arabien leben, würden gekappt. Andere Staaten könnten ihre Hilfszahlungen ebenfalls aussetzen. Von den benötigten 3,4 Milliarden Dollar für humanitäre Hilfen im Jahr 2020 fehlt immer noch mehr als die Hälfte.
Trump könnte all das wenig kümmern. Die USA sehen die Huthi-Rebellen als Handlanger des Irans, der in die Schranken gewiesen werden muss. Der Griff zur Terrorliste könnte ihn in seinen letzten Amtswochen als stark und entschlossen wirken lassen.
Und es wäre ein Abschiedsgeschenk an Saudi-Arabien, das den Iran als Erzfeind betrachtet und im Jemen gegen die Huthis kämpft. Diese hatten ihre Angriffe auf Saudi-Arabien zuletzt wieder verstärkt.
Humanitäre Organisationen bereiten sich vor
Sicher könnte die Terror-Einstufung helfen, das Vermögen der Huthis einzufrieren und einige der Einnahmequellen für ihren brutalen Krieg auszutrocknen. Der Krieg würde dadurch aber nur verlängert, schreiben die Analysten der «International Crisis Group».
In äusserst zähen Verhandlungen hat der UN-Sonderbeauftragte Martin Griffiths über Monate versucht, Vertrauen zwischen der Regierung und den Rebellen aufzubauen. Mit der Ankündigung aus Washington wäre es rasch wieder verpufft. Vergeltungsschläge der Huthis wären so gut wie sicher.
Humanitäre Helfer bereiten sich schon auf den Ernstfall vor. Die UN liessen Berichten zufolge einige US-amerikanische Mitarbeiter aus dem Jemen evakuieren, um sie vor den Huthis zu schützen. NRC und andere Organisationen hoffen auf eine Ausnahmegenehmigung der US-Regierung, sollten die Huthis auf der Terrorliste landen. Aber die Beantragung dieser «General License» könnte sich über Monate hinziehen.
Ausmasse wie in Somalia 2008 drohen
Die Stimmung erinnert an Somalia im Jahr 2008, als die USA die Miliz «Al-Shabaab» als Terrororganisation einstuften. Von einer Zeit der «Verwirrung und Angst» erzählt NRC-Mitarbeiterin Begum. Aus Sorge vor US-Sanktionen hätten Hilfsorganisationen damals von bestimmten Gebern kein Geld mehr angenommen und sich «selbst zensiert».
Die humanitäre Hilfe erlitt einen Rückschlag. Bald darauf kamen bei einer Hungersnot im Land zwischen 2010 und 2012 mehr als 250'000 Menschen ums Leben. Eine solche Katastrophe könnte auch dem Jemen drohen, warnte UN-Generalsekretär António Guterres zuletzt.