Indiens Menschenrechtskommission ermittelt nach Tötung mutmasslicher Vergewaltiger
Nach der Tötung von vier mutmasslichen Vergewaltigern durch die Polizei in Indien hat die staatliche Menschenrechtskommission Ermittlungen gegen die Beamten eingeleitet.
Das Wichtigste in Kürze
- Vier Mordverdächtige wurden bei Nachstellung der Tat von Polizisten erschossen.
Vertreter der Kommission besuchten am Samstag den Tatort in der südindischen Metropole Hyderabad. Die Tötung der Verdächtigen sende «ein falsches Signal an die Gesellschaft», erklärten die Menschenrechtsaktivisten. Hunderte Menschen feierten unterdessen weiter den Tod der mutmasslichen Täter.
Sollten die Polizisten für schuldig befunden werden, würden sie vor Gericht gestellt, erklärte die Menschenrechtskommission. Ihre Experten begutachteten am Samstag auch die Leichen der mutmasslichen Vergewaltiger. Ein Gericht im südindischen Bundesstaat Telangana hatte zuvor die Festhaltung der Autopsie auf Video angeordnet.
Die Gruppenvergewaltigung und Ermordung einer 27-jährigen Tierärztin vor gut einer Woche hatte in ganz Indien heftige Proteste ausgelöst. Landesweit wurden Rufe nach harten Strafen laut, ein Abgeordneter forderte «Lynchjustiz» gegen die in Untersuchungshaft sitzenden Täter.
Die Polizei gab an, die vier Männer nachts zur Nachstellung der Tat zurück zum Tatort gebracht zu haben. Dort hätten die Verdächtigen versucht, den Beamten die Waffen abzunehmen. Beim anschliessenden Schusswechsel seien die Männer getötet worden. Zuvor hatten sie nach Polizeiangaben gestanden, die 27-Jährige vergewaltigt und anschliessend unter einer Brücke verbrannt zu haben.
Politiker, Prominente und Sportler gratulierten der Polizei daraufhin in den Online-Diensten. Der Vater der ermordeten Tierärztin erklärte, es sei «Gerechtigkeit» an seiner Tochter geübt worden. Hunderte Menschen feierten auch noch am Samstag nahe dem von der Polizei abgeriegelten Untersuchungsgelände.
Menschenrechtsaktivisten hingegen verurteilten die mutmassliche Selbstjustiz der Polizisten. Ein oberster Richter sprach von einem «kaltblütigen Mord». Die Zeitung «Indian Express» schrieb, die Erschiessung der vier Verdächtigen erinnere an die «mittelalterlichen Meuchelmorde». Der Zeitung zufolge war der Einsatzleiter in der Vergangenheit in zwei ähnliche Vorfälle verwickelt.
Menschenrechtsaktivisten werfen Polizei und Behörden immer wieder vor, mit aussergerichtlichen Tötungen Gerichtsverfahren zu verhindern.
Den amtlichen Statistiken zufolge wurden 2017 in Indien 33.000 Vergewaltigungen gemeldet. Experten zufolge verzichten jedoch viele Opfer aus Angst vor einer Stigmatisierung auf eine Anzeige.
Schlagzeilen machte am Freitag auch der Tod eines Vergewaltigungsopfers, das am Tag zuvor von seinen Peinigern in Brand gesetzt worden war. Die Frau befand sich nach Polizeiangaben auf dem Weg zu einer Aussage gegen ihre zwei mutmasslichen Vergewaltiger, als sie von den beiden sowie drei weiteren Männern attackiert wurde.
«Obwohl wir unser Möglichstes getan haben, hat sie nicht überlebt», sagte der leitende Arzt am Krankenhaus in Neu Delhi, Shalab Kumar, der Nachrichtenagentur PTI. Nach Polizeiangaben wurden die fünf Verdächtigen festgenommen.