Israel: Arabische und jüdische Mobs sorgen für Gewalt-Welle
Arabische und jüdische Extremisten sorgen während des Konflikts zwischen Israel und Hamas für Gewaltexzesse in den Städten Israels.
Das Wichtigste in Kürze
- In Israel kommt es zunehmend zu Gewalt auf den Strassen der Städte.
- Sowohl arabische als auch jüdische Extremisten versuchen Menschen zu lynchen.
- Israels Staatspräsident Reuven Rivlin hat vor einem «Bürgerkrieg» gewarnt.
Während sich die israelische Armee und die radikalislamistische Hamas über die Grenze weg bekämpfen, sorgen in den Städten Israels sowohl arabische als auch jüdische Extremisten für Gewaltexzesse.
In der Nacht auf Mittwoch etwa kam es zu mehreren Ausschreitungen. Radikale Mobs marschierten auf, verwüsteten Geschäfte, zündeten Autos an, griffen sich gegenseitig an oder gingen auf unbeteiligte Personen los.
Auf beiden Seiten handelt es sich laut israelischen Medien meist um junge Männer, die durch die Strassen zogen. Die Nachrichtenseite «ynetnews» berichtete, dass manche von ihnen erst 13 Jahre alt seien.
Die israelische Polizei grifft hart durch und verhaftete 374 Menschen. Doch vielerorts kamen die Beamten zu spät: Geschäfte waren bereits verwüstet und Personen bereits schwer verletzt.
Lynchversuche auf beiden Seiten
In den israelischen Medien werden einige der Übergriffe beschrieben: Im Tel Aviver Vorort Bat Yam, südlich von Jaffa, wurde beispielsweise ein jüdischer rechter Mob gefilmt, wie er entlang der Hauptstrassen arabische Geschäfte zerstörte und Passanten angriff.
בת ים- הריסת חנות בבעלות ערבית pic.twitter.com/icYzc25jYJ
— Rachel (@Rachel12042155) May 12, 2021
Ein Araber aus Ramle, Vater von fünf Kindern, wurde mitten auf der Strasse attackiert und verletzt. Er musste im Krankenhaus notoperiert werden.
Auf einem anderen Video ist zu sehen, wie der Mob versucht einen arabischen Autofahrer zu lynchen. Der Mann drückte auf Gas und versuchte zu entkommen, krachte jedoch in ein geparktes Auto und wurde von dem Mob aus seinem Auto gezogen.
בת ים, הערב: זה לא ניסיון דריסה, זה פחד של הנהג מההמון הקיצוני. לינץ' בנהג ממוצא ערבי, למה? כי הוא ערבי. תוהו ובוהו. pic.twitter.com/o5Z0iLCd5n
— אור רביד | Or Ravid (@OrRavid) May 12, 2021
Das Video zeigt ungefähr 20 Menschen, die ihn mit Metallgegenständen schlagen und ihm wiederholt in den Kopf treten. Er wurde ins Krankenhaus gebracht, seine Verletzungen wurden von der Polizei als «mässig» beschrieben.
זה רצח בדם קר. ערבים מבצעים לינץ' ביהודי בעכו, הערב pic.twitter.com/CWt2vVzDF5
— יקי אדמקר (@YakiAdamker) May 12, 2021
In Akko, nördlich von Haifi, wurde nach Angaben der israelischen Polizei bei einem Lynchversuch eines arabischen Mob, ein jüdischer Mann schwer verletzt. Ein Polizeisprecher sagte, die Gruppe habe Beamte mit Steinen angegriffen, bevor sie mit Eisenstangen auf das Opfer losgingen.
Die Stadt Lod im Brennpunkt
Die Wut über den Konflikt zeigt sich auch in der zentralisraelischen Stadt Lod. Dort kommt es bereits seit Anfang der Woche zu heftigen Ausschreitungen. Die Polizei berichtete, dass Menschen auch am Mittwochabend bis in die frühen Morgenstunden Steine auf vorbeifahrende Autos warfen und Blockaden errichteten.
Der Bürgermeister von Lod, Yair Revivo sagte, das jahrzehntelange Zusammenleben von Israelis und Arabern sei «mit Füssen getreten» worden. Er beschuldigte arabisch-israelische Randalierer in einer Nacht «Synagogen und dutzende Autos angezündet» zu haben.
«Sie haben israelische Flaggen zerstört und noch schlimmer, die israelische Flagge gesenkt und die palästinensische Flagge gehisst. Die Einwohner fühlen sich belagert.»
Währenddessen sprach Wael Essawi, ein arabisch-israelischer Einwohner von Lod, gegenüber «CNN» darüber, dass am Dienstagabend eine Moschee während der Gebete von israelischen Polizisten und jüdischen Bewohnern gestürmt wurde.
Sie hätten Tränengas eingesetzt und Autos angezündet. «Wir konnten uns nicht wehren, aber wir haben die Fenster geöffnet, damit wir atmen können... es war sehr intensiv», so Essawi.
Ein anderer Einwohner von Lod, Khaled Zabarqah, sagte, dass nach einer palästinensischen Demonstration gegen die israelische Politik in Jerusalem am Montag, Tausende mit Tränengas, Betäubungsgranaten und Gummischossen angegriffen wurden. Die Israelis hätten schliesslich auch begonnen Steine zu werfen und die Gruppe angegriffen.
«Meine 15-jährige Tochter wurde durch das Geräusch von Steinen geweckt, die an ihr Schlafzimmerfenster geworfen wurden. Ich wurde dann von ihren entsetzten Schreien geweckt», sagte Zabarqah gegenüber der US-Nachrichtenseite.
Netanjah: «Nichts rechtfertigt das Lynchen»
Im ganzen Land kocht die Stimmung hoch. Gewalttätige Auseinandersetzungen, bei denen Menschen teilweise schwer verletzt wurden, gab es demnach in den Städten Jerusalem, Haifa, Lod, Tiberias, Akko, Bat Yam, Jaffa und Be'er Sheva.
Israels Premierminister Benjamin Netanjahu nannte die Zusammenstösse und Angriffe «unerträglich» und warnte: «Nichts rechtfertigt das Lynchen von Juden durch Araber und nichts rechtfertigt das Lynchen von Arabern durch Juden».
Er sagte, er habe der Polizei befohlen, die Notfallbefugnisse zu übernehmen. «Den Bürgern Israels sage ich, dass es mir egal ist, ob ihr Blut kocht. Sie können das Gesetz nicht selbst in die Hand nehmen.» In einem Fernsehinterview verurteilte auch Staatspräsident Reuven Rivlin die Gewalt, warnte von einem «Bürgerkrieg» im Inneren des Landes. Er flehte seine Bürger an: «Stoppt diesen Wahnsinn!»
Die israelische Gesetzgeberin Aida Touma-Suleiman zeigte sich in einem Live-Interview mit «CNN», «sehr, sehr besorgt». «Es gibt viele Angriffe auf arabische Bürger in verschiedenen Städten, ich mache mir grosse Sorgen», so die israelisch-arabische Politikerin und fügte hinzu: «Ich bin nicht sicher, ob die Polizei in der Lage oder überhaupt bereit ist, die Situation zu kontrollieren.»