Mehrere Explosionen erschüttern Wahllokale in Kabul
Afghanistan wählt heute Samstag sein Parlament neu. Es kam zu mehreren Explosionen mit mindestens neun Toten und über 120 Verletzten.
Das Wichtigste in Kürze
- In Afghansitan kam es zu Explosionen.
- Diese erschütterten die Wahllokale. Es kam zu mindestens neun Todesfällen.
Die Parlamentswahl in Afghanistan wird von Gewalt und und organisatorischem Chaos überschattet. Bei Angriffen der radikalislamischen Taliban kamen am Samstag landesweit mindestens neun Menschen ums Leben, mehr als 120 wurden verletzt. Erste Wähler gingen unverrichteter Dinge wieder nach Hause, nachdem Wahllokale auch Stunden nach offiziellem Beginn der Parlamentswahl nicht geöffnet hatten. Die Unabhängige Wahlkommission kündigte eine Verlängerung der Wahl in betroffenen Wahllokalen an. Die radikalislamischen Taliban hatten im Vorfeld zum Boykott aufgerufen und mit Gewalt gedroht.
Aus verschiedenen Provinzen gab es Berichte über Angriffe. Nach Angaben des Innenministeriums wurde die Zahl der zur Sicherung des Urnengangs abgestellten Sicherheitskräfte kurzfristig von 54'000 auf 70'000 erhöht.
Mehrere Explosionen
In Kabul waren mehrere Explosionen zu hören. Nach Angaben eines Vertreters der Spitäler wurden in der Hauptstadt mindestens drei Menschen getötet und weitere 67 verletzt.
Laut der Provinzrätin von Nangarhar, Nilofar Azizi, wurden bei einer Explosion im Bezirk Kot zwei Menschen getötet und drei weitere verletzt. In der zentralen Provinz Ghor seien bei einem Taliban-Überfall drei oder vier Soldaten getötet worden, sagte der Provinzrat Abdul Basir Kaderi.
Nach Angaben des Provinzrats Esmatullah Kurbani feuerten Taliban in der Provinz Tachar in mehreren Bezirken Mörsergranaten ab, um die Wahlen zu stören. In der Folge seien Wahlstationen geschlossen worden. Im Bezirk Ischkamisch sei ein Haus getroffen worden. Dabei seien ein Mensch getötet und weitere acht verletzt worden. Raketenangriffe oder der Beschuss von Wahlstationen wurden auch aus den Provinzen Badachschan und Fariab gemeldet.
Raketen abgefeuert
Auf die nördliche Stadt Kundus seien seit dem Morgen rund 50 Raketen abgefeuert worden, sagte der Provinzrat Ghulam Rabbani. Dabei seien mindestens zwei Menschen getötet und Dutzende verletzt worden. Es seien nur wenige Wahlstationen offen. In dieser Form sei die Wahl «wertloser Unsinn», sagte Rabbani.
In der westlichen Provinz Farah habe die Wahl wegen andauernder Angriffe der Taliban in fast allen Bezirken nur im Stadtzentrum der gleichnamigen Provinzhauptstadt abgehalten werden können, sagte der Provinzrat Farid Bachtwar.
In vielen Wahllokalen zeigte sich ein chaotisches Bild. Nach Angaben der Kandidatin für die Provinz Kabul, Mariam Suleimancheil, waren im Kabuler Stadtteil Dehsabs zwar die Wahlbeobachter pünktlich vor Ort, nicht aber das Wahlpersonal. Bei Twitter veröffentlichte sie Bilder von auf dem Boden liegenden Wahlurnen. «Niemand weiss, was mit dieser Wahlstation ist - totales Chaos», schrieb sie.
Verärgerte Menschen
Ähnliches berichtete die Kandidatin Saleha Soadat aus Westkabul. In den Wahlzentren, die geöffnet seien, würden die Geräte zur biometrischen Wählererfassung nicht funktionieren. Lokale Medien berichteten von Protesten verärgerter Menschen vor mehreren Wahlstationen. Manche Wahlstationen hatten auch falsche oder nicht vollständige Wählerlisten erhalten.
Der 72-jährige Wähler Salman Ali sagte der Deutschen Presse-Agentur, er habe seit dem frühen Morgen darauf gewartet, bei einer Wahlstation in Westkabul seine Stimme abgeben zu können. Erst habe die Polizei gesagt, das Personal sei noch nicht da. Anschliessend habe es geheißen, die Wahlmaterialien würden noch fehlen. Daher sei er schließlich unverrichteter Dinge wieder nach Hause gegangen.
Technische Probleme
Laut der Sprecherin der Unabhängigen Wahlkommission (IEC), Schaima Surusch, waren technische Probleme Grund für die Verzögerungen. Die Kommission entschuldige sich dafür. Erstmals wurden bei Wahlen in Afghanistan biometrische Geräte zur Wählererfassung verwendet, unter anderem wurden Fingerabdrücke genommen. Im Vorfeld der Wahl hatte es jedoch keinen Testlauf für die Geräte gegeben.
Neben den technischen Problemen seien auch viele Lehrer, die als Wahlpersonal eingeteilt waren, nicht in die Wahllokale gekommen, sagte Surusch. Die Taliban hatten am Mittwoch Lehrern und Schulleitern im Gewalt gedroht, sollten sie ihre Schulen als Wahlbüros zur Verfügung stellen.
Die Wahllokale sollten ursprünglich um 16.00 Uhr (13.30 MESZ) schliessen. Aufgrund der Verzögerungen beschloss die Wahlkommission jedoch, die Wahl in betroffenen Wahlstationen um vier Stunden zu verlängern. In Wahllokalen, die bis 13.00 Uhr Ortszeit noch gar nicht mit den nötigen Unterlagen und Geräten ausgestattet waren, sollte die Wahl am Sonntag nachgeholt werden. Mit ersten Ergebnissen wird erst im November gerechnet.