Militäroffensive in Äthiopien: Helfer warnen vor humanitärer Krise
Die Militäroffensive in Äthiopien hat Helfer von der Bevölkerung abgeschnitten. Nun warnen diese vor einer humanitären katastrophe.
Äthiopiens Regierung hatte nach Monaten der Spannungen mit der Volksbefreiungsfront von Tigray (TPLF) vor einer Woche eine Offensive gegen die Rebellengruppe und Regierungspartei von Tigray begonnen.
Wegen der andauernden Militäroffensive der Regierung von Äthiopien gegen die Regierungspartei der Region Tigray warnen Helfer vor einer humanitären Katastrophe. «Tigray ist von allen Nachschubwegen abgeschottet», sagte der Landesdirektor der Welthungerhilfe in Äthiopien, Matthias Späth, der Deutschen Presse-Agentur.
In der Region im Norden Äthiopiens gebe es ohnehin mindestens 600 000 chronisch mangelernährte Menschen; diese - sowie der Rest der Bevölkerung dort - seien nun für Helfer nicht erreichbar. Man könne nur mutmassen, wo die schweren Kämpfe stattfänden und wo Hilfskorridore eingerichtet werden könnten, sagte Späth und betonte: Daher «gehen wir vom Schlimmsten aus».
Wenig ist über die Lage vor Ort bekannt, da Internet und Telefonverbindungen unterbrochen und laut UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) die Strassen blockiert und die Stromversorgung gekappt sind.
Ausmass unklar
Dem UNHCR zufolge sind bereits 7000 Menschen ins Nachbarland Sudan geflohen. «Wir gehen davon aus, dass grosse Ströme von Tigray nach Amhara und Afar schwappen», sagte Späth mit Blick auf die zwei an Tigray angrenzenden äthiopischen Regionen. Die Welthungerhilfe versuche sich darauf vorzubereiten, indem etwa Auffanglager identifiziert würden.
In Tigray leben laut des UN-Nothilfebüros ohnehin rund 200 000 Binnenflüchtlinge und Flüchtlinge. Die Welthungerhilfe ist Späth zufolge nicht direkt in Tigray im Einsatz, allerdings in den Regionen Amhara und Afar. Und die Welthungerhilfe sei in Netzwerken mit anderen Organisationen verbunden, die in Tigray aktiv seien.
Die TPLF war die dominante Partei in der Parteienkoalition, die Äthiopien mehr als 25 Jahre lang mit harter Hand regierte. Doch als Regierungschef Abiy Ahmed 2018 an die Macht kam, entfernte er im Zuge von Reformen viele Funktionäre der alten Garde und gründete eine neue Partei ohne die TPLF.
Die TPLF und viele Menschen in Tigray fühlen sich von der Zentralregierung nicht vertreten und wünschen sich grössere Autonomie. Unter Abiy - der im Vorjahr den Friedensnobelpreis erhielt - haben die ethnischen Konflikte in dem Vielvölkerstaat Äthiopien mit seinen rund 112 Millionen Einwohnern zugenommen.