Nach jahrelanger Eiszeit: Annäherung zwischen Türkei und Ägypten
Der ägyptische Präsident al-Sisi hat seinen türkischen Amtskollegen Erdogan in Kairo empfangen. Beide Seiten signalisieren eine neue Nähe nach langer Eiszeit.
Nach jahrelanger diplomatischer Eiszeit haben sich der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan und der ägyptische Präsident Abdel Fattah al-Sisi wieder angenähert.
«Ich bin überzeugt, dass dieser Besuch ein neuer Wendepunkt in unseren Beziehungen sein wird», sagte Erdogan am Mittwoch bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Al-Sisi in Kairo. Dieser sprach von einem «neuen Kapitel» in den Beziehungen beider Länder.
Die Wiederannäherung geschah im Zuge einer Wende der türkischen Aussenpolitik, nachdem die Führung sich regional stark isoliert gesehen hatte. Al-Sisi und Erdogan waren zwar Ende 2022 am Rande der Fussball-WM in Katar zusammengetroffen, aber es war der erste Besuch des türkischen Präsidenten in Ägypten seit 2012.
Diplomatische Krise seit 2013
Der politische Streit war 2013 eskaliert. Damals hatte die türkische Regierung die Absetzung des damaligen islamistischen Präsidenten Mohammed Mursi in Ägypten durch die Armee wiederholt als illegitimen «Militärputsch» bezeichnet. Nach Mursi kam Al-Sisi an die Macht.
Die ägyptische Führung warf wiederum der Türkei vor, islamistische Organisationen wie die Muslimbrüder in der Region zu unterstützen. Gegen deren Anhänger geht Ägypten mit grosser Härte vor, etliche sitzen im Gefängnis.
Beide Länder zogen ihre Botschafter 2013 ab und entsandten sie erst wieder 2023. Im Libyen-Krieg unterstützen Ägypten und die Türkei unterschiedliche Seiten. Streit gibt es auch über Erdgasvorkommen, die im östlichen Mittelmeer vermutet werden.
Gemeinsam für Gaza
Das wichtigste Thema bei dem Treffen sei der Krieg in Gaza gewesen, sagte Al-Sisi. Die Türkei werde mit Ägypten zusammenarbeiten, um das Blutvergiessen zu stoppen, so Erdogan. Er rief erneut zu einem Waffenstillstand im Gaza-Krieg auf und richtete scharfe Kritik an den israelischen Regierungschef Benjamin Netanjahu. Israelische Angriffe auf Rafah im Süden des Gazastreifens seien «Wahnsinn», den man nicht zulassen dürfe.
Die Verhandlungen über eine erneute Feuerpause im Gaza-Krieg sowie über eine Freilassung weiterer Geiseln aus der Gewalt der islamistischen Hamas kamen zuletzt nur schleppend voran. Auch Gespräche am Dienstag in Kairo mit Spitzenvertretern aus den USA, Israel, Katar und Ägypten brachten keinen neuen Durchbruch.
Empfang mit militärischen Ehren
Erdogan attackiert Israel zwar immer wieder scharf wegen des Vorgehens in dem abgeriegelten Küstenstreifen, ist aber kein Hauptverhandlungsakteur. Ägypten ist zusammen mit Katar ein wichtiger Vermittler im Krieg.
Al-Sisi empfing Erdogan mit militärischen Ehren im Präsidentenpalast der ägyptischen Hauptstadt. Al-Sisi lobte die Zusammenarbeit mit der Türkei bei den Hilfslieferungen für die Palästinenser im Gazastreifen. Er wolle auf Einladung Erdogans im April in die Türkei reisen.