Russland: Putin geht in neue Amtszeit mit ungewissem Ausgang

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Russland,

«Nieder mit dem Zaren!» – so machten junge Russen vor der Vereidigung von Präsident Putin ihrem Ärger Luft. Doch bei der prunkvollen Zeremonie werden diese Rufe nur fern aus dem Gefängnis zu hören sein.

Ukraine Krieg Wladimir Putin
Wladimir Putin hatte am 24. Februar den Einmarsch in die Ukraine befohlen. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Der Machtpolitiker Putin geht in die nächste Amtszeit mit ungewissem Ausgang.
  • Was kommt danach? Laut Verfassung muss er 2024 abtreten, doch ein Nachfolger ist nicht in Sicht.

Der Weg zur Vereidigung ist für Wladimir Putin immer lang und einsam. Im prächtigen Grossen Kremlpalast in Moskau öffnen Soldaten in Paradeuniform ihm die grossen Türen. Er durchquert allein Saal um Saal. Er geht vorbei an seinen versammelten Getreuen, um nicht zu sagen, an seinem Hofstaat. Im Andreas-Saal, und so wird es auch an diesem Montag sein, legt er dann den Amtseid ab. Er gelobt, «dem Volk treu zu dienen», die Freiheits- und Menschenrechte, die Verfassung und die Souveränität Russlands zu schützen.

Zu einer Zarenkrönung fehle nur noch die Salbung, schrieb das Boulevardblatt «Moskowski Komsomolez» despektierlich. Tatsächlich hat Wladimir Putin (65), geboren in Leningrad (heute St. Petersburg), ehemaliger sowjetischer Geheimagent, eine Machtfülle erreicht, die jener der alten Zaren ähnelt.

Ein-Mann-Netzwerk

In 18 Jahren Herrschaft über das grösste Land der Welt hat Putin die Macht auf sich zugeschnitten. Im Saal sitzen die Männer und wenigen Frauen, die Russland für ihn kontrollieren: sein Sprecher Dmitri Peskow die Medien, Ministerpräsident Dmitri Medwedew die Regierung, Verteidigungsminister Sergej Schoigu die Armee. Gazprom-Chef Alexej Miller sichert den lebenswichtigen Rohstoff Gas, Rosneft-Chef Igor Setschin das Öl. Doch alle verdanken sie Macht und Geld nur der Nähe zu ihm. Russland wird von einem «Ein-Mann-Netzwerk» geführt, so die US-Wissenschaftler Fionna Hill und Clifford Gaddy.

Vor sechs Jahren stand Putin schwächer da. 2012 nahmen ihm viele Russen seine Rückkehr in den Kreml übel, den abgekarteten Ämtertausch mit Medwedew nach einer Auszeit als Regierungschef. Es gab grosse Demonstrationen, Putin liess sie niederschlagen und die Organisatoren streng verurteilen. Weil Putin die Anstifter im Ausland vermutete, legte er auslandsfinanzierte Nicht-Regierungsorganisationen an die Leine. Und er gewann seine Popularität wieder, indem er 2014 die Halbinsel Krim, einen russischen Sehnsuchtsort, zurückholte - auch um den Preis eines Zerwürfnisses mit den westlichen Ländern.

Bei der jüngsten Wahl im März wurde Putin ein Rekordergebnis von fast 77 Prozent der Stimmen zugeschrieben. Doch am Tag der Inauguration sitzen Hunderte junge Oppositionelle in Polizeigewahrsam, weil sie am Samstag «Nieder mit dem Zaren!» geschrien haben.

Russland Demo
Demonstranten haben am Samstag gegen Putins Vereidigung protestiert. 1300 Menschen wurden festgenommen. - Dpa

West- und Ostkonflikt

Auch aussenpolitisch drohen unruhige Zeiten. «Zwischen Russland und dem Westen ist keine Entspannung in Sicht», warnt das Institut International Crisis Group. Aus westlicher Sicht haben sich Putins Übergriffe gehäuft: die Ukraine, der brutale Krieg in Syrien, die Einmischung in Wahlen in den USA und Frankreich, der Giftangriff auf den Ex-Agenten Sergej Skripal in Grossbritannien.

Putin sieht es andersherum: Der US-geführte Westen achtet Russlands Interessen nicht, versucht es zu schwächen, sein System zu stürzen. Deshalb nimmt er das Recht auf Vorwärtsverteidigung in Anspruch.

Die beherrschende Frage über Putins neuer Amtszeit ist aber: Was kommt danach? Laut Verfassung muss er 2024 abtreten, er wird dann 71 sein. Doch ein Nachfolger ist nicht in Sicht.

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