Unicef: Minderjährige bei Gewalt in Haiti Opfer und Täter
Im Karibikstaat Haiti sind Minderjährige nach Angaben des UN-Kinderhilfswerks Unicef beispielloser sexueller Gewalt ausgesetzt.
1,2 Millionen Kinder lebten unter ständiger Bedrohung durch bewaffnete Banden, berichtete Unicef-Sprecher James Elder in Genf. «Sie fügen Kindern unvorstellbare Gräueltaten zu.»
Elder beschrieb den Fall einer 16-Jährigen, die beim Einkaufen entführt und mit anderen Kindern in ein Lagerhaus verfrachtet worden sei. Sie sei dort geschlagen und unter Drogen gesetzt und wochenlang vergewaltigt worden. Als die Entführer merkten, dass niemand Lösegeld für sie zahlen würde, sei sie freigelassen worden. Das Mädchen lebt jetzt in einer betreuten Unterkunft, die Unicef unterstützt.
Banden zwingen Achtjährige in ihre Reihen
Bewaffnete Gruppen, die rund 85 Prozent der Hauptstadt Port-au-Prince kontrollieren, bestünden zum Teil zur Hälfte aus Minderjährigen, und manche zwängen schon Achtjährige in ihre Ränge, sagte Elder. Andere Jugendliche würden durch die extreme Armut in die Fänge der Banden getrieben. «Es ist ein tödlicher Kreislauf: Kinder werden für die Gruppen rekrutiert, die ihr eigenes Leid verursachen», sagte Elder.
Unicef helfe Partnerorganisationen vor Ort, junge Leute aufzufangen und zu unterstützen. So könne der Gewaltzyklus gebrochen und verhindert werden, dass sie Opfer oder Täter werden. Dafür brauche Unicef Geld. Der Spendenaufruf im Umfang von rund 220 Millionen Euro für 2024 sei nur zu einem Viertel gedeckt gewesen.
Koloniale Vergangenheit
Die seit 1804 unabhängige einstige französische Kolonie mit rund 11,7 Millionen Einwohnern erlebt seit Jahrzehnten Gewalt. Politische Rivalitäten, Korruption und eine Diktatur schwächten die Gesellschaft. Seit der Ermordung von Präsident Jovenel Moïse 2021 eskaliert die Gewalt. Das Land ist arm, mehr als die Hälfte der Menschen leiden Hunger.